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Kreatinin-Test: Optionen im Überblick

Hinweis: Dieser Artikel richtet sich ausschließlich an medizinische Fachkreise.

Einleitung

Der Kreatinin-Test ist zentral für die Nierenfunktionsdiagnostik, sowohl im Labor als auch direkt am Point-of-Care. Kreatinin kann im Blut (Serum oder Plasma) und im Urin (Spontan- oder 24-Stunden-Sammelurin) gemessen werden. Während die Bestimmung im Labor mit etablierten Verfahren erfolgt, stehen am Point-of-Care Schnelltests und Analysegeräte zur Verfügung, die Ergebnisse in wenigen Minuten liefern.

Die Aussagekraft hängt jedoch stark von der Methode, der Probenart und dem klinischen Kontext ab. In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Messverfahren es gibt, welche Vor- und Nachteile die unterschiedlichen Ansätze haben und wie sich die Zukunft der Kreatinin-Diagnostik entwickelt.

Erhalten Sie einen umfassenden Überblick zu Kreatinin in der Diagnostik in unserem Hauptartikel.

Die Bedeutung des Kreatinin-Tests

Kreatinin ist ein Abbauprodukt des Muskelstoffwechsels, das nahezu ausschließlich über die Nieren ausgeschieden wird. Der Wert ist deshalb ein direkter Indikator für die Nierenfunktion. Ein erhöhter Kreatininwert weist häufig auf eine eingeschränkte glomeruläre Filtration hin.

Doch die Aussagekraft ist begrenzt: Erst wenn die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) um etwa 50 % gesunken ist, steigt Kreatinin im Blut deutlich an. Dieser „kreatininblinde Bereich“ bedeutet, dass frühe Stadien einer Nierenfunktionsstörung nicht zuverlässig erkannt werden. Deshalb empfehlen Leitlinien (KDIGO), Kreatinin immer im Zusammenhang mit der geschätzten GFR (eGFR) zu interpretieren.

Wichtig für die Praxis: Die eGFR wird aus dem Kreatininwert mithilfe von Formeln berechnet. Die ältere MDRD-Formel (Modification of Diet in Renal Disease) berücksichtigt Alter, Geschlecht und ethnischen Hintergrund, ist aber bei höheren GFR-Werten ungenau. Die neuere CKD-EPI-Formel (Chronic Kidney Disease Epidemiology Collaboration) liefert verlässlichere Ergebnisse und wird deshalb in aktuellen Leitlinien bevorzugt.

Blut- und Urinmessung im Vergleich

Die Bestimmung von Kreatinin im Blut gilt als Standard. Sie ermöglicht eine schnelle Einschätzung der Nierenfunktion und liefert die Basis für die Berechnung der eGFR. Gerade vor der Gabe von Kontrastmitteln, bei der Dosierung nephrotoxischer Medikamente oder in Notfallsituationen ist sie unverzichtbar.

Die Kreatininmessung im Urin hat einen anderen Stellenwert. Sie erfolgt entweder in Spontanurin, häufig in Kombination mit Albumin, oder in einer 24-Stunden-Sammlung. Besonders relevant ist der Albumin-Kreatinin-Quotient (ACR), der zur Früherkennung von Nierenschädigungen, etwa bei Diabetes oder Hypertonie, eingesetzt wird. Urintests eignen sich somit eher für Screening und Langzeitbeobachtung, während Bluttests für akute klinische Entscheidungen entscheidend sind.

Messmethoden im Überblick

Die Jaffé-Methode ist das älteste Verfahren und wird wegen ihrer geringen Kosten noch immer breit genutzt. Sie beruht auf der Reaktion von Kreatinin mit Pikrat in alkalischem Milieu, leidet jedoch unter Störanfälligkeit durch Substanzen wie Glukose oder Ketone.

Enzymatische Verfahren gelten heute als Goldstandard in der Routinediagnostik. Sie sind deutlich spezifischer und liefern zuverlässigere Ergebnisse, sind jedoch mit höheren Kosten verbunden.

Als Referenzmethode dient die Isotopenverdünnungs-Massenspektrometrie (IDMS). Sie erreicht höchste Genauigkeit und wird genutzt, um andere Verfahren zu standardisieren, spielt in der alltäglichen Routine aber nur eine untergeordnete Rolle.

Für die Praxis ist entscheidend, dass Gerätehersteller klar angeben, welches Verfahren verwendet wird. Nur so sind Ergebnisse vergleichbar. Für Verlaufsuntersuchungen sollte nach Möglichkeit immer dieselbe Methodik genutzt werden.

Schnelltests (Point-of-Care-Testing auf Urinbasis)

Teststreifen für Kreatinin im Urin sind sehr günstig. Je nach Hersteller bewegen sich die Preise pro Test zwischen 5 Cent und rund 60 Cent, teilweise etwas höher, wenn Albumin-Kreatinin-Kombinationstests genutzt werden (z. B. 0,62 bis 0,86 € pro Test). Geräte wie kompakte Urinanalyse-Systeme kosten in der Anschaffung ab etwa 650 €, manche Modelle bis etwas über 1.000 €. Damit sind sie für Screeningprogramme oder Hausarztpraxen wirtschaftlich interessant, für den Einsatz in klinischen Akutsituationen aber weniger geeignet.

Gerätebasierte Point-of-Care-Lösungen (Blutkreatinin)

Point-of-Care-Systeme für Blutkreatinin sind deutlich kostenintensiver, liefern aber klinisch relevantere Ergebnisse. Die Geräte selbst sind ab etwa 300 Euro im Einstiegssegment verfügbar, leistungsfähige Multiparameter-Analyzer können bis zu 17.000 Euro kosten. Die Preise für einzelne Tests beginnen bei rund 2 Euro und reichen bis zu 30 Euro. Dabei handelt es sich in der Regel um Kartuschen oder Streifen, die neben Kreatinin weitere Parameter wie Elektrolyte, Blutgase oder Glukose bestimmen.

Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist die Ausstattung. Manche Systeme berechnen die eGFR automatisch, andere geben ausschließlich den Kreatininwert aus. Auch die IT-Anbindung ist entscheidend: Moderne Geräte verfügen über Schnittstellen zur Integration in Labor- oder Krankenhausinformationssysteme (LIS/KIS). Die Datenübertragung kann je nach Modell über LAN, WLAN oder Bluetooth erfolgen.

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Abrechnung und Wirtschaftlichkeit

Im Labor wird die Kreatininbestimmung nach EBM unter der Ziffer 01930 mit 0,37 Euro vergütet, im GOÄ-System unter 3585.H1 mit 2,33 bis 3,03 Euro, abhängig vom Steigerungsfaktor. Urinschnelltests lassen sich nicht gesondert abrechnen, die Materialkosten von rund einem Euro bleiben unvergütet. Blut-POC-Tests werden zwar formal wie Laboruntersuchungen abgerechnet, die zusätzlichen Materialkosten werden jedoch nicht gedeckt.

Für Arztpraxen lohnt sich der Einsatz von POC-Systemen daher wirtschaftlich nur dann, wenn sie unmittelbaren klinischen Mehrwert bringen oder in strukturierte Versorgungskonzepte eingebunden sind.

Methode Abrechnungsweg Ziffer Vergütung Anmerkungen
Serumkreatinin im Labor EBM 01930 0,37 € Zweimal im Krankheitsfall abrechenbar
Serumkreatinin im Labor GOÄ 3585.H1 2,33–3,03 € Je nach Steigerungsfaktor
Urin Schnelltest Keine direkte Abrechnung Materialkosten ca. 1 € nicht separat vergütet
Blut POC Test EBM/GOÄ 01930 / 3585.H1 wie Labor Materialkosten nicht gedeckt

Kreatinin-Test am Point of Care: Qualitätsmanagement

Auch am Point of Care gelten für die Kreatininmessung die Vorgaben der Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen (RiliBÄK). Dazu gehören interne und externe Qualitätskontrollen, Ringversuche sowie geschultes Personal. Eine Ausnahme besteht nur für sogenannte Unit-use-Systeme, also Geräte, die für jede Messung eine vorgefertigte Testkartusche oder einen Streifen nutzen.

Für die Praxis bedeutet das: Systeme mit automatischer Dokumentation, integrierten Kontrollfunktionen und klaren Benutzerrechten erleichtern die Umsetzung. Ohne ein strukturiertes Qualitätsmanagement drohen Abweichungen zwischen Labor- und POCT-Ergebnissen und damit Risiken für die Patientensicherheit.

Zukunft der Kreatinin-Diagnostik

Die Entwicklung steht nicht still. Forschende arbeiten an sensorbasierten Systemen, die Kreatinin kontinuierlich im interstitiellen Flüssigkeitsraum überwachen könnten, vergleichbar mit Glukose-Sensoren in der Diabetologie. Auch Lab-on-a-Chip-Technologien versprechen eine schnelle und zugleich präzise Diagnostik in Miniaturformat.

Zunehmend rückt die Kombination von Kreatinin mit weiteren Biomarkern wie Cystatin C in den Vordergrund. Mit Hilfe von KI-gestützten Algorithmen lassen sich die Werte künftig wahrscheinlich noch besser interpretieren und in klinische Entscheidungssysteme integrieren. Ein weiteres Zukunftsthema ist Nachhaltigkeit: Hersteller entwickeln bereits ressourcenschonende Kartuschen und wiederverwendbare Systeme, um die ökologischen Belastungen zu reduzieren.

Literatur zu Geräte-Evaluationen

Point-of-care creatinine tests to assess kidney function for outpatients requiring contrast-enhanced CT imaging: systematic reviews and economic evaluation (Corbett et al., 2020)

Performance of StatSensor Point-of-Care Device for Measuring Creatinine in Patients With Chronic Kidney Disease and Postkidney Transplantation (Nataatmadja et al., 2020)

Point-of-Care Testing in Chronic Kidney Disease of Non-Traditional Origin: Considerations for Clinical, Epidemiological, and Health Surveillance Research and Practice (Dally et al., 2023)

Evaluating kidney function using a point-of-care creatinine test in Ugandan children with severe malaria: a prospective cohort study (Batte et al., 2021)

Fazit: Kreatinin-Test

Der Kreatinin-Test ist und bleibt ein unverzichtbares Instrument in der Nierenfunktionsdiagnostik. Während Blutmessungen die Grundlage für schnelle klinische Entscheidungen und die Berechnung der eGFR bilden, eignen sich Urintests vor allem für Screening und Früherkennung. Die Wahl der Methode – Jaffé, enzymatisch oder IDMS – beeinflusst die Genauigkeit und Vergleichbarkeit erheblich. Schnelltests und POC-Geräte gewinnen dort an Bedeutung, wo Zeit ein entscheidender Faktor ist. Zukünftig könnten Sensoren, KI-gestützte Analysen und nachhaltige Technologien die Diagnostik grundlegend verändern.

Frequently Asked Questions (FAQs)

Welche Unterschiede gibt es zwischen Jaffé- und enzymatischen Verfahren?

Die Jaffé-Methode ist günstiger, jedoch störanfälliger. Enzymatische Verfahren sind spezifischer und liefern zuverlässigere Ergebnisse, sind aber kostenintensiver.

Alle Systeme, auch Schnelltests und POC-Geräte, müssen die Qualitätsanforderungen der RiliBÄK erfüllen. Externe und interne Kontrollen sind vorgeschrieben.

Die Kreatinin-Clearance kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn die eGFR unsichere Ergebnisse liefert, etwa bei Patientinnen und Patienten mit extremer Muskelmasse, in der Schwangerschaft oder im Kindesalter.

Cystatin C reagiert empfindlicher auf frühe Einschränkungen der Nierenfunktion und ergänzt die Kreatininbestimmung sinnvoll.

Sie sind vor allem in Notaufnahmen, Intensivstationen und Radiologien relevant, wo Entscheidungen innerhalb von Minuten getroffen werden müssen.

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