Affenpocken (Mpox) – neue Einsichten für Klinik und Praxis

Hinweis: Dieser Artikel richtet sich ausschließlich an medizinische Fachkreise.

Affenpocken: Warum die Bezeichnung Mpox bevorzugt wird

Seit den europaweiten Ausbrüchen im Jahr 2022 wird der Begriff Affenpocken zunehmend kritisch gesehen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt inzwischen die neutrale Bezeichnung Mpox, um stigmatisierende Assoziationen mit Tieren oder bestimmten Bevölkerungsgruppen zu vermeiden. Der bisherige Name kann Missverständnisse schüren und Betroffene davon abhalten, medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Besondere Aufmerksamkeit erhielten die ersten Fallserien, da ein Großteil der Infektionen in Netzwerken von Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), auftrat. Heute ist klar: Mpox ist keine Erkrankung, die auf bestimmte Gruppen beschränkt ist. Die Übertragung erfolgt unabhängig von sexueller Orientierung über engen Haut- oder Schleimhautkontakt, Tröpfchen oder kontaminierte Gegenstände. Das gehäufte Auftreten in MSM-Netzwerken erklärt sich durch soziale und sexuelle Netzwerkeffekte, nicht durch eine biologische Exklusivität (Thornhill et al., 2022).

Hinzu kommt: Die Erkrankung kann atypisch verlaufen. Fallberichte zeigen, dass Mpox auch nur mit einer einzelnen Hautläsion auftritt – etwa im Genital- oder Analbereich – und damit leicht übersehen werden kann (Tsai et al., 2023). Für Ärzt:innen bedeutet das, aufmerksam auf unspezifische oder ungewöhnliche Symptome zu achten und konsequent Diagnostik einzusetzen, sei es im Labor oder direkt am Point of Care.

Affenpocken: Symptome und klinischer Verlauf

Mpox beginnt meist mit unspezifischen Prodromalsymptomen wie Fieber, Abgeschlagenheit, Kopf- und Muskelschmerzen. Ein charakteristisches Merkmal sind geschwollene Lymphknoten, die helfen, Mpox von Windpocken (Varizellen) oder Herpesinfektionen zu unterscheiden.

Nach wenigen Tagen entwickelt sich ein charakteristischer Hautausschlag. Dieser beginnt als Makula (flacher Fleck), wird zu einer Papula (erhabene Stelle), dann zu einer Vesikel (Bläschen), schließlich zu einer Pustel (mit Eiter gefüllt) und endet mit einer Kruste. Die Hautveränderungen verlaufen oft synchron, können aber auch asynchron und in unterschiedlichem Stadium nebeneinander auftreten.

Die Inkubationszeit beträgt in der Regel 6 bis 13 Tage, kann aber bis zu 21 Tage reichen laut European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC). Besonders schwer können Verläufe bei immunsupprimierten Patient:innen, Schwangeren, Kindern oder Menschen mit relevanten Vorerkrankungen sein. Komplikationen reichen von bakteriellen Sekundärinfektionen über Pneumonien bis hin zu Augenbeteiligungen, die unbehandelt zur Erblindung führen können.

Die Lokalisation der Läsionen umfasst Gesicht, Handflächen, Fußsohlen sowie den Genital- oder Analbereich. Da dort einzelne Läsionen vorkommen können, ist die Differenzialdiagnose anspruchsvoll. Ohne Laborbestätigung lassen sich Mpox und andere infektiöse Exantheme nicht sicher unterscheiden.

Diagnostik im Labor und am Point of Care

Der Goldstandard für die Diagnose ist die Polymerase-Kettenreaktion (PCR), mit der virale DNA direkt nachgewiesen wird. Die PCR liefert hohe Sensitivität und Spezifität und erlaubt die sichere Abgrenzung von anderen Pockenviren. Probenmaterial wird vorzugsweise aus Hautläsionen entnommen – idealerweise aus frischen Vesikeln oder Pusteln.

Die Herausforderung besteht darin, dass PCR-Diagnostik meist in spezialisierten Laboren durchgeführt wird. Versand, Logistik und Bearbeitung können Tage dauern – ein erheblicher Nachteil gerade für Praxen oder Einrichtungen außerhalb urbaner Zentren, in denen schnelle Entscheidungen notwendig sind.

Deshalb rücken Point-of-Care-(POC)-Diagnostiksysteme zunehmend in den Fokus. Isotherme Amplifikationsmethoden wie LAMP (Loop-mediated isothermal amplification) ermöglichen portable Tests, die Ergebnisse in weniger als einer Stunde liefern können. Zum Beispiel wurde eine Kombination aus LAMP und CRISPR/Cas12b entwickelt, die in nur 40 Minuten Resultate liefert und dabei mit sehr guter Spezifität arbeitet (Guo et al., 2025).

Ein besonders vielversprechender Ansatz ist die Dragonfly-Plattform, ein tragbares molekulares Diagnostiksystem, das Mpox-Virus schnell und differenziert gegenüber Herpes- und Varizella-Zoster-Viren nachweist. In einer klinischen Validierung zeigte Dragonfly eine Sensitivität von 96,1% und Spezifität von 100% (Cavuto et al., 2025). Diese Technik liefert Ergebnisse in unter 40 Minuten und verspricht, PCR-Qualität ins Point-of-Care-Setting zu bringen.

Neben molekularen Verfahren werden auch Lateral-Flow-Assays (Schnelltests) untersucht. Sie bieten einfache Handhabung und schnelle Resultate, haben aber derzeit noch geringere Sensitivität als PCR und gelten eher als Screening-Instrumente, nicht zur definitiven Bestätigung.

Für Kliniken und Beschaffungsverantwortliche bedeutet dies: Es lohnt sich, POC-Systeme zu beobachten oder zu pilotieren, sofern sie hohe Zuverlässigkeit bieten. Gleichzeitig müssen Schnittstellen zur Labor-IT  berücksichtigt werden, damit Ergebnisse automatisch in Patientenakten einfließen können.

Therapie von Affenpocken: Was aktuell möglich ist

Für Mpox gibt es in Europa derzeit keine breit verfügbare spezifische Therapie. Die Behandlung beschränkt sich meist auf symptomatische Maßnahmen wie Schmerz- und Fieberkontrolle, ausreichende Flüssigkeitszufuhr, Hautpflege und die Vermeidung bakterieller Sekundärinfektionen.

Das antivirale Medikament Tecovirimat ist in der Europäischen Union unter bestimmten Bedingungen zugelassen (European Medicine Agency). Studien zeigen, dass es gut verträglich ist, aber bei milden bis moderaten Erkrankungen die Heilungsdauer nicht deutlich verkürzt (O’Laughlin et al., 2025). In einer Kohortenanalyse bei Menschen mit HIV zeigte sich jedoch, dass ein früher Einsatz innerhalb von sieben Tagen nach Symptombeginn den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen könnte (Alred et al., 2024).

Als zweite Option steht die Postexpositionsprophylaxe mit dem Pockenimpfstoff MVA-BN zur Verfügung. Wird er innerhalb von vier Tagen nach Kontakt gegeben, kann er eine Erkrankung verhindern, bis zu 14 Tage danach den Verlauf abmildern. Metaanalysen berichten von einer Schutzwirkung zwischen 66% und 90% nach zwei Dosen (Mason et al., 2024). Neuere Studien bestätigten zudem eine gute Immunantwort und Verträglichkeit (Drennan et al., 2025).

Für medizinische Einrichtungen bedeutet das: Impfstoffe wie MVA-BN und antivirale Mittel wie Tecovirimat sollten frühzeitig eingeplant, beschafft und für besonders gefährdete Patient:innen bereitgestellt werden.

Affenpocken Mpox

Prävention und Infektionskontrolle

In Kliniken und Praxen gilt: Patient:innen mit Verdacht auf Mpox müssen in einem Einzelzimmer isoliert werden, um eine Weitergabe zu verhindern. Das medizinische Personal trägt konsequent persönliche Schutzausrüstung (PSA). Dazu gehören mindestens eine FFP2-Maske, Handschuhe und ein Schutzkittel. Bei engem Kontakt, etwa bei der Versorgung von Hautläsionen, sind zusätzlich Schutzbrillen oder Gesichtsschilde empfehlenswert.

Alle Gegenstände und Oberflächen, die Kontakt mit Läsionen oder Körperflüssigkeiten hatten, müssen desinfiziert oder entsorgt werden. Dazu zählen Bettwäsche, Handtücher, Kleidung, aber auch medizinische Geräte, die mehrfach genutzt werden. Eine konsequente Hygiene ist entscheidend, da das Virus auf Materialien überleben kann.

Ebenso wichtig ist die Schulung des Gesundheitspersonals. Ärzt:innen, Pflegekräfte und Praxismitarbeitende sollten wissen, dass Mpox auch atypisch verlaufen kann – etwa mit nur einer einzelnen Läsion im Genital- oder Analbereich. Nur so lassen sich Verdachtsfälle frühzeitig erkennen und gezielt abklären.

Rechtlich gilt: Mpox ist in Deutschland nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) und in Österreich nach dem Epidemiegesetz meldepflichtig. Schon der Verdacht muss unverzüglich an die zuständige Behörde gemeldet werden. Das ermöglicht, Kontakte schnell zu identifizieren und Ausbrüche einzudämmen.

Langfristig braucht es Aufklärung und funktionierende Überwachungssysteme. Entscheidend ist eine Sprache ohne stigmatisierende Zuschreibungen. Wenn Betroffene Angst haben, mit Mpox in Verbindung gebracht zu werden, meiden sie ärztliche Hilfe oder Testung. Prävention gelingt nur, wenn Fachpersonal und Öffentlichkeit gleichermaßen informiert sind und Vertrauen in die Versorgung haben.

Affenpocken: Fazit

Affenpocken (Mpox) sind eine Infektionskrankheit mit hoher Relevanz für Klinik, Praxis und öffentliche Gesundheit. Der Namenswechsel zu Mpox dient der Entstigmatisierung, ohne den Bezug zur Pockengruppe zu verlieren. Während PCR im Labor Goldstandard bleibt, gewinnen schnelle Point-of-Care-Systeme an Bedeutung, besonders in Regionen mit eingeschränkter Laborinfrastruktur. Therapieoptionen sind begrenzt, doch Tecovirimat und Impfstoffe bieten gezielte Möglichkeiten in Risikosituationen. Für Ärzt:innen, Einkäufer:innen und Gesundheitseinrichtungen bedeutet das: Wachsam bleiben, Diagnostik und Prävention frühzeitig planen und klare Kommunikationsstrategien verfolgen.

Frequently Asked Questions (FAQs) zu Affenpocken

Wie zuverlässig ist ein PCR-Test bei Affenpocken?

PCR aus Hautläsionen gilt als Goldstandard mit hoher Sensitivität und Spezifität.

Erste molekulare Schnelltests liefern Ergebnisse in unter einer Stunde, sind aber noch kein Ersatz für Labor-PCR.

Bei schweren Verläufen oder Risikopatient:innen kann Tecovirimat eingesetzt werden, sofern verfügbar.

Der Pockenimpfstoff MVA-BN schützt effektiv und wird zur Postexpositionsprophylaxe und für Risikogruppen eingesetzt.

In Deutschland nach Infektionsschutzgesetz (IfSG) und in Österreich nach Epidemiegesetz: sofortige Meldung an die zuständige Behörde.

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