Diagnoodle Blog Home > Sexuell übertragbare Krankheiten (STIs) > Chlamydien (Chlamydia trachomatis)
Chlamydien, genauer Chlamydia trachomatis, gehören zu den weltweit häufigsten sexuell übertragbaren bakteriellen Infektionen. Für Ärzt:innen und medizinisches Fachpersonal sind fundierte Kenntnisse zu Diagnostik und Therapie entscheidend, um Komplikationen zu vermeiden und eine evidenzbasierte Versorgung sicherzustellen. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick, der sich gleichermaßen für Universitätskliniken wie für Hausarztpraxen eignet.
Chlamydien sind intrazelluläre Bakterien. Die medizinisch relevante Spezies ist Chlamydia trachomatis. Sie verursacht vor allem Infektionen des Urogenitaltrakts, kann jedoch auch die Augen und seltener den Respirationstrakt befallen. Die Übertragung erfolgt überwiegend sexuell durch ungeschützten vaginalen, analen oder oralen Geschlechtsverkehr.
Infektionen an Augen und Atemwegen entstehen in der Regel nicht durch sexuelle Kontakte, sondern meist perinatal: Neugeborene können sich bei der Passage durch den Geburtskanal infizieren. Dies führt häufig zu einer Konjunktivitis, in manchen Fällen aber auch zu einer Pneumonie, wenn infektiöses Material aspiriert wird. Eine Schmierinfektion, wie z.B. durch kontaminierte Hände, ist ebenfalls möglich, aber selten.
Besonders relevant ist die hohe Dunkelziffer: Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO sind viele Infektionen oft asymptomatisch. In Europa treten mindestens 70% der genitalen Infektionen bei Frauen und 50% bei Männern symptomfrei auf (European Centre for Disease Prevention and Control). Unentdeckte Infektionen können unbehandelt zu Unfruchtbarkeit, extrauterinen Schwangerschaften oder chronischen Schmerzen führen.
Chlamydien sind die am häufigsten gemeldete bakterielle sexuell übertragbare Infektion in Europa (European Centre for Disease Prevention and Control, 2024). Besonders betroffen sind junge Erwachsene: In Deutschland liegt die höchste Melderate im Alter von 15 bis 24 Jahren, weshalb diese Altersgruppe ein starkes Infektionsrisiko trägt.
Da viele Infektionen symptomlos verlaufen, bleiben zahlreiche Fälle unerkannt und können unbemerkt weiterverteilt werden. Screening-Programme sind daher essenziell. In Deutschland erhalten sexuell aktive Frauen unter 25 Jahren jährlich einen Anspruch auf ein Chlamydien-Screening, das auch vom Robert Koch-Institut empfohlen wird.
Für Kliniken und Praxen ergibt sich daraus eine doppelte Verantwortung: Patient:innen evidenzbasiert zu beraten und gleichzeitig verlässliche Diagnostik anzubieten.
Die Symptomatik unterscheidet sich nach Geschlecht und Infektionsort.
Patientengruppe | Häufige Symptome | Mögliche Komplikationen |
---|---|---|
Frauen | Dysurie, Fluor, Unterbauchschmerzen | Adnexitis, Infertilität, extrauterine Schwangerschaft |
Männer | Dysurie, Urethritis, Ausfluss | Epididymitis, Prostatitis |
Neugeborene | Konjunktivitis, Pneumonie | Chronische Lungenschäden |
Alle | Häufig asymptomatisch | Chronische Infektionen, Übertragung auf Partner:innen |
Die hohe Rate asymptomatischer Verläufe unterstreicht die Notwendigkeit einer konsequenten Diagnostik auch ohne klinischen Verdacht (Fortas et al., 2024).
Die Diagnostik von Chlamydia trachomatis erfolgt entweder im Labor oder als Point-of-Care-Test. Laborbasierte NAATs (Nukleinsäure-Amplifikationstests) gelten als Goldstandard, sind hochsensitiv und hochspezifisch, benötigen jedoch 24 bis 48 Stunden bis zum Ergebnis. Die Kultur bleibt spezialisierten Fragestellungen vorbehalten und spielt im klinischen Alltag kaum eine Rolle.
Point-of-Care-Verfahren ermöglichen eine unmittelbare Diagnostik. NAAT-basierte Systeme am Point of Care liefern innerhalb von 30 bis 90 Minuten präzise Ergebnisse, verursachen aber höhere Kosten pro Untersuchung. Antigentests sind zwar schneller und günstiger, haben jedoch eine geringere Sensitivität und eignen sich daher eher für Umgebungen mit limitierten Ressourcen. Insgesamt sind Labor-NAATs bei hohen Probendurchsätzen ökonomisch am vorteilhaftesten, während POCT-Systeme durch die Möglichkeit sofortiger Therapieentscheidungen indirekt Kosten sparen können.
Chlamydien treten häufig gemeinsam mit anderen sexuell übertragbaren Infektionen auf, am häufigsten mit Gonorrhoe, die durch Neisseria gonorrhoeae verursacht wird. Ko-Infektionen sind klinisch bedeutsam, weil beide Erreger ähnliche Beschwerden hervorrufen, beispielsweise Dysurie oder Ausfluss, und daher ohne gezielte Diagnostik nicht voneinander unterschieden werden können. Zudem entwickeln Gonokokken zunehmend Resistenzen gegenüber gängigen Antibiotika, was ihre Behandlung komplexer macht (Rob et al., 2019).
Die European guideline on the management of Chlamydia trachomatis infections weist darauf hin, dass Patient:innen mit Chlamydienbefund zusätzlich auf andere sexuell übertragbare Infektionen getestet werden sollten, insbesondere auf Neisseria gonorrhoeae. Für Gesundheitseinrichtungen bedeutet dies, bevorzugt diagnostische Systeme einzusetzen, die mehrere Erreger zuverlässig nachweisen und gleichzeitig die Anforderungen der Qualitätssicherung erfüllen.
Die Therapie einer Infektion mit Chlamydia trachomatis verfolgt zwei Ziele: Zum einen sollen Komplikationen wie Infertilität oder chronische Unterbauchschmerzen verhindert, zum anderen die Übertragungskette konsequent unterbrochen werden. Standard ist Doxycyclin in einer Dosierung von 100 Milligramm zweimal täglich über sieben Tage. Als Alternative, insbesondere in der Schwangerschaft, wird eine Einmalgabe von 1 Gramm Azithromycin empfohlen. Levofloxacin in einer Dosierung von 500 Milligramm einmal täglich über sieben Tage gilt als Reserveoption.
In einer randomisiert kontrollierten Studie zeigte sich, dass Doxycyclin eine höhere Wirksamkeit aufwies als Azithromycin, wenngleich beide Substanzen in vielen Fällen effektiv sind (Geisler et al., 2015). In der Schwangerschaft ist Azithromycin Mittel der Wahl, da Doxycyclin kontraindiziert ist. Wesentlich für eine erfolgreiche Behandlung ist zudem die konsequente Partnertherapie: Alle Sexualpartner:innen müssen parallel behandelt werden, um Reinfektionen zuverlässig zu vermeiden.
Chlamydien (Chlamydia trachomatis) sind eine stille, aber folgenreiche Infektion: Häufig symptomlos, zugleich mit erheblichen Risiken für Fertilität und Gesundheit. Für Ärzt:innen und medizinisches Fachpersonal ist entscheidend, moderne Diagnostik und leitliniengerechte Therapie konsequent einzusetzen. Screening, schnelle Tests und Partnerbehandlung sind dabei die Schlüssel, um Patient:innen individuell zu schützen und die Infektionslast in der Bevölkerung nachhaltig zu senken.
Goldstandard sind Nukleinsäure-Amplifikationstests (NAATs). Sie weisen Chlamydia trachomatis mit höchster Sensitivität nach und sind für Screening und Akutdiagnostik gleichermaßen geeignet.
Viele Infektionen verlaufen asymptomatisch. Wenn Beschwerden auftreten, sind es bei Frauen häufig Dysurie, Fluor oder Unterbauchschmerzen, bei Männern Urethritis oder Ausfluss.
Leitlinien empfehlen Doxycyclin über sieben Tage oder alternativ Azithromycin als Einmalgabe. In der Schwangerschaft ist Azithromycin Mittel der Wahl.
Ko-Infektionen mit Neisseria gonorrhoeae sind häufig. Da Symptome ähnlich sind, Therapien sich jedoch unterscheiden, werden Kombitests für beide Erreger empfohlen.
Ja, Frauen bis 25 Jahre haben Anspruch auf ein jährliches Screening. Es erfolgt per Urinprobe oder Abstrich und dient der frühzeitigen Erkennung von Chlamydia trachomatis.
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