Die Point-of-Care-Diagnostik gewinnt weltweit an Bedeutung. Sie wird auch mit den Abkürzungen POC oder POCT (Point-of-Care-Testing) bezeichnet. Ziel ist es, medizinischem Personal Diagnosen direkt am Ort der Versorgung zu ermöglichen – ob am Patientenbett, in der Praxis oder im Rettungsdienst. Der Vorteil: Ergebnisse stehen in Minuten zur Verfügung und beeinflussen Therapieentscheidungen unmittelbar. Damit rückt die Diagnostik näher an die Behandlung, was sowohl Patientensicherheit als auch Effizienz im Gesundheitswesen stärkt. Die strategische Einordnung liefert der Grundsatzbeitrag zu Bedeutung und Entwicklung von Point of Care.
Point-of-Care-Diagnostik umfasst alle diagnostischen Verfahren, die außerhalb eines zentralen Labors durchgeführt werden. Meist handelt es sich um sogenannte In-vitro-Diagnostika (IVD), bei denen Körperproben wie Blut, Urin oder Speichel direkt vor Ort analysiert werden. Typische Beispiele sind Troponin-Schnelltests zur Herzinfarktdiagnostik, C-reaktives Protein (CRP)-Tests zur Infektionsabklärung oder Blutzuckermessungen für Patient:innen mit Diabetes mellitus. Konkrete Testarten mit Stärken und Grenzen erläutern wir im Beitrag zu Point of Care Test.
Anders als im Labor, wo Proben transportiert, aufbereitet und in größeren Serien verarbeitet werden, liefert die Point-of-Care-Diagnostik Ergebnisse in Echtzeit. Das ermöglicht Ärzt:innen und Pflegepersonal sofortige Therapieentscheidungen, ein zentraler Vorteil insbesondere in Notfallsituationen. Gleichzeitig existiert bis heute keine einheitliche Definition von „Point of Care“. Manche verstehen darunter ausschließlich patientennahe Diagnostik am Behandlungsort, andere schließen auch dezentrale Strukturen außerhalb großer Kliniken oder Labore ein.
Die Einsatzbereiche der Point-of-Care-Diagnostik sind vielfältig:
Kardiologie: Troponin-Tests verkürzen die Zeit bis zur Herzinfarkttherapie.
Infektiologie: PCR-Schnelltests identifizieren Erreger wie Influenza oder SARS-CoV-2 in Minuten.
Intensivmedizin: Blutgasanalysen helfen bei der Steuerung von Beatmung und Kreislauf.
Pädiatrie: Bilirubin-Tests verhindern Komplikationen bei Neugeborenen.
Hausarztpraxis: CRP-Tests unterstützen beim gezielten Einsatz von Antibiotika.
Die Bandbreite reicht von Notaufnahme bis Hausbesuch. Damit ist die Point-of-Care-Diagnostik ein Bindeglied zwischen zentraler Hochleistungsdiagnostik und patientennaher Versorgung. Für Beschaffung und Vergleich hilft der Geräte-Leitfaden mit Kosten- und IT-Aspekten. Zunehmend wird sie auch in Apotheken angeboten, etwa in Form von Vitamin-D-Schnelltests oder Screening-Untersuchungen, die den niedrigschwelligen Zugang zu Gesundheitsleistungen erleichtern (Rose et al., 2025).
Die wichtigste Stärke der Point-of-Care-Diagnostik ist der Zeitgewinn. Gerade bei Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Sepsis entscheidet jede Minute über das Outcome. Sofortige Testergebnisse führen zu schnelleren Eingriffen, geringeren Komplikationsraten und verkürzten Liegezeiten.
In einer Studie von Hight et al. (2021) wurde gezeigt, dass das Ergebnis eines Troponin-Tests am Point of Care in der Notaufnahme im Durchschnitt rund 29 Minuten schneller vorlag als beim klassischen Laborverfahren. Auch andere Arbeiten bestätigten bei Brustschmerzen, dass die Zeit vom Eintreffen der Patienten bis zum Troponin-Ergebnis deutlich gesenkt wurde, von über 100 Minuten auf etwa 50 Minuten (Koehler et al., 2013).
Auch im ambulanten Bereich bietet POCT Vorteile. Durch CRP-Tests lässt sich der Einsatz von Antibiotika präziser steuern, was Resistenzen reduziert. Blutzuckermessgeräte ermöglichen eine flexible Anpassung der Therapie bei Diabetes mellitus.
So groß die Vorteile sind, POCT birgt auch Risiken. Die Messgenauigkeit kann von Laborstandards abweichen. Fehlerquellen liegen in unzureichender Schulung des Personals, schlechter Qualitätssicherung oder falscher Interpretation durch Patient:innen bei Selbsttests.
Besonders kritisch ist dies bei Erkrankungen mit enger therapeutischer Entscheidungsgrenze, etwa der Herzinfarktdiagnostik. Ein falsch-negatives Ergebnis kann schwerwiegende Folgen haben. Nur weil ein POCT-Ergebnis schneller vorliegt, heißt das nicht automatisch, dass es in allen Fällen genauso zuverlässig ist wie ein Laborbefund – Unterschiede können bestehen in Probeart, Assay-Sensitivität, Kalibrierung und klinischem Kontext.
Eine aktuelle Studie, etwa „Diagnostic Performance of Point-of-Care High-Sensitivity Troponin Devices“ von Zalama-Sánchez et al. (2024), zeigt: Hochsensitive POCT-Geräte für Troponin können eine vergleichbare diagnostische Leistung erreichen wie Laborverfahren, aber es gibt auch Fälle, in denen Labormessungen sensibler sind, insbesondere bei Patient:innen mit anderen Vorerkrankungen wie chronischer Niereninsuffizienz.
In Deutschland ist die Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen (RiliBÄK) maßgeblich. Sie verpflichtet Einrichtungen zu internen und externen Qualitätskontrollen.
Auf internationaler Ebene gelten Standards wie ISO 15189:2022. Diese Norm fordert, dass Point-of-Care-Geräte regelmäßig kontrolliert und Mitarbeitende geschult werden.
Darüber hinaus ist die Einbindung in Krankenhaus-IT-Systeme zentral. Schnittstellen wie die POCT1-A sorgen dafür, dass Ergebnisse automatisch in die elektronische Patientenakte fließen. Nur so lassen sich Daten zuverlässig dokumentieren und für klinische Entscheidungen nutzen (Erasmus et al., 2021).
Blutzuckermessgeräte und Blutgasgeräte sind in Kliniken seit Jahren fest etabliert. Im niedergelassenen Bereich gehören insbesondere C-reaktives Protein (CRP)-Tests zu den am häufigsten genutzten Parametern. Dennoch variiert der Einsatz von Point-of-Care-Diagnostik international erheblich.
In Schweden zeigte eine nationale Umfrage, dass alle Notaufnahmen mindestens ein POCT-System einsetzen, am häufigsten für Blutgase, Glukose, Hämoglobin oder CRP. Rund 75% der Notaufnahmen verfügten über ein eigenes Blutgasgerät direkt vor Ort, ergänzt durch Standardarbeitsanweisungen zum systematischen Einsatz (Jörg et al., 2025).
Diese Daten verdeutlichen: Während manche Länder POCT bereits breitflächig in Routinen integriert haben, ist die Verbreitung in Deutschland und anderen Staaten teils noch zurückhaltender. Das zeigt, dass regulatorische Rahmenbedingungen, Vergütungssysteme und Versorgungsstrukturen einen wesentlichen Einfluss auf die Nutzung haben. Welche Schnelltests sich in den Settings bewähren, zeigt unser Überblick für den professionellen Einsatz.
Ökonomische Vorteile entstehen durch verschiedene Mechanismen:
Schnellere Diagnosen verkürzen Liegezeiten.
Schnelle Ergebnisse können Komplikationen verhindern.
Ressourcen in der Klinik werden effizienter genutzt.
Eine spezielle Abrechnungsposition für Point-of-Care-Parameter existiert jedoch nicht. Tests werden über bestehende Strukturen wie den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) oder die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abgerechnet. Da POCT-Tests in der Regel teurer sind als Laboranalysen, hängt ihre Wirtschaftlichkeit stark vom jeweiligen Parameter ab.
In Kliniken geht es neben einem guten Patient-Outcome auch darum, Liegezeiten zu reduzieren und Folgekosten zu vermeiden. Im ambulanten Bereich können beispielsweise CRP-Tests den Einsatz von Antibiotika besser steuern und damit Kosten durch unnötige Verordnungen senken.
Point-of-Care-Diagnostik verbindet Schnelligkeit mit Patientennähe. Sie beschleunigt Diagnosen, verbessert Therapieentscheidungen und stärkt die Patientensicherheit. Gleichzeitig erfordert sie strenge Qualitätssicherung und eine kluge Integration in Klinik- und Praxisabläufe. Für die Zukunft gilt: Mit KI, Vernetzung und nachhaltigen Lösungen wird Point-of-Care-Diagnostik noch stärker zum Standard in der modernen Medizin werden.
Sie verkürzt die Zeit bis zur Diagnose, beschleunigt Therapieentscheidungen und kann Liegezeiten sowie Komplikationen reduzieren.
Typische Tests sind Troponin für Herzinfarkt, CRP bei Infektionen, Blutgasanalysen, Glukosemessungen und molekulare PCR-Schnelltests.
Bei guter Qualitätssicherung erreichen moderne POCT-Systeme Laborstandard. Entscheidend sind interne Kontrollen, externe Ringversuche und geschultes Personal.
Schnelle Markerbestimmungen wie Laktat oder Procalcitonin helfen, Sepsis früher zu erkennen und die Therapie sofort einzuleiten.
In Kliniken erfolgt die Abrechnung über DRGs (Diagnosis Related Groups), in Praxen über EBM oder GOÄ – abhängig von Indikation und Fachrichtung.
Die Inhalte richten sich an medizinisches Fachpersonal. Sie ersetzen keine Beratung, begründen kein Behandlungsverhältnis und erfolgen ohne Gewähr. Nutzung auf eigenes Risiko, Haftung ausgeschlossen.