Point-of-Care-Test: Chancen für Diagnose und Therapie

Hinweis: Dieser Artikel richtet sich ausschließlich an medizinische Fachkreise.

Einleitung

Ein Point-of-Care-Test (POCT) bezeichnet eine diagnostische Untersuchung, die direkt am Ort der Patientenversorgung durchgeführt wird, zum Beispiel in der Notaufnahme, auf einer Intensivstation oder in einer Hausarztpraxis. Das Besondere daran ist die schnelle Verfügbarkeit von Ergebnissen, die oft innerhalb weniger Minuten vorliegen. Für Ärzt:innen bedeutet das eine unmittelbare Basis für therapeutische Entscheidungen.

Schnellere Diagnosen können Folgekosten reduzieren, etwa durch kürzere Liegezeiten oder den Verzicht auf unnötige Überweisungen. Damit wird deutlich, dass die Bewertung von Point-of-Care-Tests immer medizinische Qualität und wirtschaftliche Effizienz gemeinsam berücksichtigen muss.

Gleichzeitig ist die Perspektive des Labors entscheidend, da Point-of-Care-Tests nur dann ihren Wert entfalten, wenn Qualitätssicherung und Standards wie die “RiliBÄK” konsequent eingehalten werden. So wird deutlich, dass POCT immer im Dreiklang aus medizinischer Qualität, wirtschaftlicher Effizienz und verlässlichem Qualitätsmanagement betrachtet werden muss. Die große Einordnung bietet der Grundsatzbeitrag zur Bedeutung von Point of Care.

Was ist ein Point-of-Care-Test?

Ein Point-of-Care-Test (POCT) ist ein In-vitro-Diagnostikverfahren (IVD), das außerhalb eines zentralen Labors, direkt am Behandlungsort, angewendet wird. Dazu zählen etwa Blutgasanalysegeräte, Blutzuckermessungen oder Tests auf Infektionskrankheiten wie COVID-19.

Die Ergebnisse stehen in Minuten zur Verfügung und können unmittelbar in die medizinische Entscheidungsfindung einfließen. Im Gegensatz dazu benötigen zentrale Laborverfahren meist mehrere Stunden. Wie Tests Entscheidungszeiten verkürzen, zeigen wir im Überblick zur Point of Care Diagnostik.

Typische Einsatzorte und Unterschiede

  • Klinik: Hier stehen vor allem zeitkritische Indikationen im Vordergrund, etwa die Blutgasanalyse auf Intensivstationen oder Troponinmessungen in der Notaufnahme. Der Fokus liegt auf schneller Therapieeinleitung und nahtloser Integration in Krankenhaus-IT-Systeme. Qualitätsmanagement nach Rili-BÄK ist zwingend vorgeschrieben.

  • Niedergelassener Bereich: In Hausarzt- oder Landarztpraxen erleichtert POCT schnelle Entscheidungen, z. B. ob eine Antibiotikatherapie bei Atemwegsinfekten notwendig ist. Der Vorteil: Patient:innen müssen nicht auf Laborbefunde warten und können direkt behandelt werden.

  • Apotheken: Seit einigen Jahren bieten Apotheken in Deutschland ebenfalls ausgewählte POCT an, etwa für Grippe oder COVID-19. Hier liegt der Schwerpunkt auf niedrigschwelliger Versorgung, schneller Abklärung und Entlastung von Arztpraxen. Das Qualitätsmanagement ist zwar weniger streng als im Krankenhaus, dennoch gelten klare Vorgaben für Schulung und Dokumentation.

  • Spezielle Umgebungen: Schifffahrt, Militär oder Bergrettung setzen auf POCT, wenn zentrale Labore gar nicht erreichbar sind. Hier steht die Verfügbarkeit robuster und mobil einsetzbarer Systeme im Vordergrund.

Welche Systemtypen sich eignen und welche Folgekosten entstehen, erläutert der Geräte-Leitfaden.

Diagnostische Bedeutung von Point-of-Care-Tests

Die diagnostische Relevanz von Point-of-Care-Tests (POCT) ergibt sich vor allem aus der Geschwindigkeit: Ergebnisse liegen in Minuten vor und erlauben eine rasche Einschätzung des klinischen Zustands. Besonders wichtig ist dies bei zeitkritischen Erkrankungen wie Herzinfarkt, Sepsis oder schwerer Hypoglykämie. Dean et al. (2025) zeigten, dass POCT-Ergebnisse im Mittel nach 8 bis 24 Minuten vorliegen, während zentrale Labore 71 bis 87 Minuten benötigen.

Ein Beispiel ist der hochsensitive Troponin-Test zur Diagnose des akuten Myokardinfarkts. Während zentrale Labordiagnostik oft Wartezeiten erfordert, ermöglicht Troponin-POCT eine sofortige Entscheidung über eine Herzkathetertherapie. Johannessen et al. (2025) belegten, dass mit einem 0/1-Stunden-Algorithmus eindeutige Risikoeinschätzungen im Schnitt 3,3 Stunden früher möglich waren als mit dem herkömmlichen Vorgehen, bei dem eine Wiederholungsmessung erst nach vier Stunden vorgesehen ist. Allerdings zeigte Thulin et al. (2025), dass dieser Zeitgewinn nicht automatisch zu besseren klinischen Outcomes innerhalb von 30 Tagen führt.

POCT ist meist auf wenige Parameter beschränkt. Es ersetzt nicht das breite Spektrum eines Zentrallabors, sondern ergänzt es gezielt dort, wo Minuten über die Prognose entscheiden.

Auch in weniger kritischen Situationen bietet POCT Vorteile: Für Patient:innen kann es bequemer sein. Rose et al. (2025) berichteten, dass 62 Apotheken im Rahmen einer Screeningkampagne 2.770 Vitamin-D-Tests durchführten, die auf große Akzeptanz stießen. 

Therapeutische Konsequenzen von POCT

Die schnelle Verfügbarkeit der Testergebnisse führt direkt zu therapeutischen Konsequenzen. Typische Beispiele:

  • Akuter Herzinfarkt: Ein hochsensitiver Troponin-Test ermöglicht die sofortige Aktivierung des Herzkatheterteams, ohne dass auf zentrale Laborergebnisse gewartet werden muss.

  • Sepsis: Ein schneller Lactat- oder Procalcitonin-Test erlaubt den frühzeitigen Beginn einer leitliniengerechten Antibiotikatherapie, was die Überlebenschancen deutlich verbessert (Singer et al., 2016).

  • Diabetes: Die unmittelbare Bestimmung des Blutzuckerspiegels ermöglicht eine direkte Anpassung der Insulindosis und verhindert gefährliche Schwankungen im Alltag wie auch im stationären Umfeld.

  • CRP im niedergelassenen Bereich: Ein C-reaktives Protein (CRP)-Test hilft Hausärzt:innen, virale von bakteriellen Infektionen zu unterscheiden. Dadurch kann auf unnötige Antibiotikagaben verzichtet werden, was einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung von Resistenzen leistet (Martínez-González et al., 2020).

Für Kliniken bedeutet dies nicht nur bessere Patientenversorgung, sondern auch kürzere Aufenthaltszeiten und effizientere Ressourcennutzung. Für niedergelassene Ärzt:innen bietet POCT die Möglichkeit, sofortige Therapieentscheidungen zu treffen und unnötige Überweisungen zu vermeiden.

Point of Care Test

Welche Arten von Point-of-Care-Tests gibt es?

POCT umfasst ein breites Spektrum von Untersuchungen. Eine Übersicht:

Übersicht Point‑of‑Care‑Tests
Kategorie Kurzbeschreibung Typische Indikationen
Schnelltest Immunoassay auf Teststreifen oder Kassette, Ergebnis per Linienablesung in Minuten. • Grippe, COVID‑19, Strep A
• Schwangerschaft
• FOBT okkultes Blut
Schnelltest mit Reader Testkassette wird von einem kleinen Gerät optisch ausgewertet, liefert numerische Ergebnisse. • CRP zur Infektabklärung
• D‑Dimer, Ferritin
• Vitamin D in Apotheke
Einzelparametergerät Hand‑ oder Tischgerät für einen analytischen Parameter, z. B. elektrochemische Messung. • Blutzucker im Diabetes‑Management
• Laktat im Sport/Notfall
• Ketone
Multiparametergerät Kartuschen‑ oder Kassettensysteme für mehrere Marker in einer Probe. • Blutgasanalyse pH, pO₂, pCO₂, Elektrolyte
• Troponin plus CK‑MB
• Sepsis‑Panels

Einen kompakten Praxisüberblick zu professionellen Schnelltests finden Sie hier.

Qualitätsanforderungen an Point-of-Care-Tests

Die Qualitätssicherung spielt eine zentrale Rolle. In Deutschland schreibt die Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen (RiliBÄK) auch für POCT klare Vorgaben vor. Dazu zählen:

  • Regelmäßige interne und externe Qualitätskontrollen

  • Dokumentation aller Testergebnisse

  • Schulung des medizinischen Personals

Ein wichtiger Aspekt betrifft Single-Unit-Reagenzien, also Tests, die nur einmalig verwendet werden und keine laufenden Kontrollchargen zulassen. Solche Systeme sind von externen Ringversuchen ausgeschlossen. Das bedeutet für Einrichtungen, dass alternative Strategien zur Sicherstellung der Qualität gefunden werden müssen.

Darüber hinaus hängt die Qualitätssicherung eng mit der IT-Anbindung zusammen. Nur wenn Ergebnisse automatisiert in das Labor- oder Krankenhausinformationssystem übertragen werden, können Dokumentation und Qualitätskontrollen zuverlässig und manipulationssicher erfolgen. IT-Schnittstellen sind daher nicht nur ein Komfortmerkmal, sondern ein zentraler Bestandteil der Qualitätssicherung.

Abrechnung von Point-of-Care-Tests in Deutschland

Die Abrechnung von Point-of-Care-Tests (POCT) ist in Deutschland klar geregelt, aber für viele Einrichtungen weniger flexibel, als es zunächst erscheinen mag. Grundsätzlich gilt: Es gibt keine gesonderte Abrechnungsposition allein für den Einsatz von POCT. Stattdessen werden die Tests in den bestehenden Abrechnungssystemen abgebildet:

  • Im ambulanten Bereich erfolgt die Vergütung über die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) beziehungsweise den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM). Ein Schnelltest auf C-reaktives Protein (CRP) oder ein Blutzuckertest am Point of Care wird nicht extra honoriert, sondern ist in die Pauschalen integriert.

  • Im stationären Bereich sind POCT-Leistungen in die Fallpauschalen (Diagnosis Related Groups, DRG) eingerechnet. Das bedeutet, dass Krankenhäuser die Kosten für Geräte und Verbrauchsmaterialien aus den Fallpauschalen refinanzieren müssen.

  • Für Apotheken gilt: Wenn Apotheken bestimmte Tests anbieten, zum Beispiel COVID-19-Schnelltests, dann sind diese nur in Ausnahmefällen durch gesetzliche Regelungen refinanziert. In den meisten Fällen handelt es sich um Selbstzahlerleistungen.

Damit wird deutlich, dass POCT in Deutschland in der Regel keine zusätzliche Einnahmequelle darstellt. Vielmehr müssen Einrichtungen den wirtschaftlichen Nutzen indirekt bewerten, zum Beispiel durch Zeitersparnis, Vermeidung von Überweisungen oder kürzere Liegezeiten im Krankenhaus. Für Einkäufer:innen bedeutet dies, dass Investitionsentscheidungen nicht auf zusätzliche Vergütungen gestützt werden können, sondern auf einer Gesamtkosten-Nutzen-Abwägung beruhen.

Point-of-Care-Test: Fazit

Point-of-Care-Tests sind für die moderne Medizin unverzichtbar. Sie liefern schnelle Ergebnisse, die direkte therapeutische Konsequenzen ermöglichen, verbessern die Patientenversorgung und können gleichzeitig ökonomische Vorteile bieten. Dennoch erfordern sie klare Qualitätsstandards, eine durchdachte IT-Integration und nachhaltige Konzepte. Für Ärzt:innen, medizinisches Fachpersonal und Einkäufer:innen im Gesundheitswesen gilt: POCT ist kein Luxus, sondern zunehmend Standard.

Frequently Asked Questions (FAQs) zum Point-of-Care-Test

Was ist ein Point-of-Care-Test?

Ein Test, der direkt am Behandlungsort durchgeführt wird und schnelle Ergebnisse liefert.

Vor allem die Geschwindigkeit: Ergebnisse in Minuten statt Stunden.

Ja, wenn sie nach Rili-BÄK-Standards durchgeführt und regelmäßig kontrolliert werden.

Die Einzeltests sind teurer als Labordiagnostik, können aber Gesamtkosten reduzieren.

Sie ist entscheidend für die Integration in klinische Workflows und Qualitätskontrollen.

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