D-Dimere: Normalwerte und Bedeutung in der Praxis

Hinweis: Dieser Artikel richtet sich ausschließlich an medizinische Fachkreise.

Was sind D-Dimere?

D-Dimere spielen eine zentrale Rolle in der Diagnostik thromboembolischer Erkrankungen. Sie sind Fragmente, die beim Abbau von Fibrin entstehen. Fibrin ist das Endprodukt der Blutgerinnungskaskade, das für die Stabilität eines Blutgerinnsels sorgt. Wird ein Gerinnsel durch das Enzym Plasmin wieder aufgelöst, entstehen Abbauprodukte, die als D-Dimere bezeichnet werden.

Ein Nachweis erhöhter D-Dimere bedeutet, dass ein Gerinnungsprozess im Körper abgelaufen ist – dies kann harmlos (z. B. nach einer Operation) oder gefährlich (z. B. bei einer Lungenembolie) sein.

D-Dimere Test: Methoden und Durchführung

Der Test auf Fibrin-Abbauprodukte erfolgt in der Regel aus venösem Blutplasma. Immunologische Verfahren erkennen dabei die Fragmente des Fibrinabbaus. Je nach Methode unterscheiden sich Referenzbereiche und Sensitivität.

Neben klassischen Laborverfahren sind zunehmend POCT-Geräte (Point-of-Care-Testing: patientennahe Sofortdiagnostik) im Einsatz. Diese liefern Ergebnisse direkt in der Notaufnahme oder Arztpraxis. Systeme mit HL7-Schnittstelle können Befunde ins Krankenhaus-Informationssystem übertragen, während kleinere Systeme schnelle Entscheidungen in Praxen ermöglichen.

D-Dimer-Wert: Bedeutung und Grenzen

Der Begriff „D-Dimer Wert“ bezeichnet die gemessene Konzentration der Abbauprodukte im Blut. Ein negativer oder niedriger Wert schließt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Thrombose aus. Ein erhöhter Wert hingegen beweist keine Erkrankung, sondern zeigt lediglich, dass eine verstärkte Gerinnungsaktivität stattgefunden hat.

Deshalb werden D-Dimere in Leitlinien vor allem als Ausschlusstest empfohlen, wenn die klinische Wahrscheinlichkeit für eine Thrombose oder Lungenembolie gering bis mittel ist (Konstantinides et al., 2019). Eine aktuelle Übersichtsarbeit bestätigt zudem die hohe negative Vorhersagekraft bei niedriger klinischer Wahrscheinlichkeit (Fan et al., 2024).

D-Dimere: Normalwert zur Orientierung

Als klassischer Grenzwert gilt < 500 µg/l (Fibrinogen-äquivalente Einheiten). Da ältere Patient:innen physiologisch häufiger erhöhte Werte haben, wird oft ein altersadaptierter Grenzwert angewendet: Lebensalter × 10 µg/l.

D-Dimere: Referenzwerte Tabelle
Patientengruppe Negativer Grenzwert
< 50 Jahre < 500 µg/l
≥ 50 Jahre Alter × 10 µg/l

Dieser altersangepasste Grenzwert verhindert, dass ältere Patient:innen unnötig belastenden Bildgebungen unterzogen werden (Righini et al., 2014).

D-Dimere erhöht: Wann besteht Handlungsbedarf?

Erhöhte Werte sind unspezifisch. Neben Thrombosen und Lungenembolien gibt es zahlreiche andere Ursachen:

  • Operationen und größere Verletzungen

  • Infektionen und Entzündungen

  • Schwangerschaft

  • Maligne Erkrankungen

  • Leber- und Nierenfunktionsstörungen

Scores wie der Wells-Score helfen, die Wahrscheinlichkeit einer venösen Thromboembolie einzuordnen. Der Wells-Score kombiniert klinische Befunde (z. B. Schwellung, Schmerzen entlang der tiefen Venen), anamnestische Risikofaktoren (z. B. frühere Thrombose, Immobilisation, Malignom), sowie das Fehlen alternativer Erklärungen und ordnet die Patient:innen anhand einer Punktzahl in eine niedrige, mittlere oder hohe Wahrscheinlichkeit für eine venöse Thromboembolie ein. Zudem zeigen Publikationen wie „How we manage a high D-dimer“ (Franchini et al., 2023), dass D-Dimere auch bei Alter, Infektionen oder Tumorerkrankungen häufig erhöht sind.

Diagnostische Bedeutung von D-Dimere

Die große Stärke von D-Dimeren liegt in ihrer hohen Sensitivität. Ein negativer Befund macht eine venöse Thromboembolie sehr unwahrscheinlich und ermöglicht es, Patient:innen ohne Bildgebung sicher zu entlasten. Daher sind D-Dimere Bestandteil vieler Leitlinien zur Diagnostik von Thrombosen und Lungenembolien (Douketis et al., 2022).

Darüber hinaus können D-Dimere nützlich sein:

D-Dimere

Grenzen und Störfaktoren

Die hohe Sensitivität geht mit einer geringen Spezifität einher. Erhöhte D-Dimere beweisen keine Thrombose, sondern können auch bei Operationen, Infektionen, Entzündungen, Schwangerschaft oder malignen Erkrankungen auftreten. Zusätzlich führen methodische Unterschiede zwischen Laboren und POCT-Geräten zu variierenden Ergebnissen.

Das bedeutet: D-Dimere sind wertvoll zum Ausschluss, aber nicht zum sicheren Nachweis einer Erkrankung. Ein positiver Befund darf daher niemals isoliert interpretiert werden, sondern muss im Zusammenspiel mit Klinik, Anamnese und ggf. Bildgebung bewertet werden.

Therapeutische Konsequenzen

Ein negativer Befund bei D-Dimeren ermöglicht den Verzicht auf belastende Bildgebung. Ein positiver Befund hingegen erfordert in der Regel weiterführende Diagnostik wie Ultraschall oder CT-Angiographie.

Darüber hinaus können D-Dimere die Dauer einer Antikoagulation beeinflussen. Studien zeigen, dass Patient:innen mit dauerhaft erhöhten Werten nach einer Thrombose ein höheres Rezidivrisiko haben.

Fazit

D-Dimere sind ein hochsensitiver Marker, der sich hervorragend eignet, um venöse Thromboembolien auszuschließen. Ihr größter Nutzen liegt darin, Patient:innen mit unklaren Symptomen sicher und effizient zu triagieren. Die Kehrseite ist die geringe Spezifität: Erhöhte Werte haben viele Ursachen und sind allein nicht beweisend.

Für die Praxis heißt das: Ein negativer Test spart unnötige Bildgebung und gibt Sicherheit. Ein positiver Befund erfordert jedoch immer die Einbettung in die klinische Gesamtsituation sowie gegebenenfalls weitere Diagnostik.

Frequently Asked Questions (FAQs)

Wann sollten D-Dimere bestimmt werden?

Die Werte sind sinnvoll bei Verdacht auf tiefe Venenthrombose oder Lungenembolie, wenn die klinische Wahrscheinlichkeit niedrig oder intermediär ist (z. B. nach Wells-Score). Bei hoher Wahrscheinlichkeit wird direkt eine Bildgebung empfohlen.

Der Standard-Cut-off liegt bei <500 µg/l. Für Patient:innen über 50 Jahren wird ein altersadaptierter Grenzwert empfohlen: Lebensalter × 10 µg/l. So steigt die Spezifität, ohne dass Fälle übersehen werden.

Persistierend erhöhte Werte nach Absetzen der Antikoagulation weisen auf ein erhöhtes Rezidivrisiko hin. Leitlinien empfehlen in solchen Fällen, die Dauer der Antikoagulation zu verlängern oder eine erneute Indikation zu prüfen.

Moderne POCT-Systeme für das Fibrinabbau-Produkt erreichen eine hohe Sensitivität und eignen sich zum Ausschluss einer Thrombose oder Lungenembolie. Für komplexe Fälle und Verlaufskontrollen bleibt jedoch die Labordiagnostik die Referenz.

Erhöhte Werte sind bei Infektionen, Entzündungen oder Tumorerkrankungen häufig. In solchen Situationen ist die Spezifität eingeschränkt, daher sollten die Gerinnungsmarker nur in Kombination mit klinischer Untersuchung und Bildgebung beurteilt werden.

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