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Die Activated Clotting Time (ACT) ist ein Test, der die Gerinnungszeit von Vollblut misst. Ausgelöst wird die Gerinnung in einer Kartusche durch Kontaktaktivatoren wie Kaolin oder Celite. Dadurch startet der intrinsische Gerinnungsweg mit Faktor XII, Prä-Kallikrein, Faktor XI und IX. Am Ende entsteht Thrombin und schließlich Fibrin.
Im Gegensatz zu reinen Plasma-Assays berücksichtigt die ACT auch Thrombozyten und Hämatokrit. Sie bildet damit die Gerinnung näher unter Realbedingungen ab. Typische Referenzwerte ohne Antikoagulation liegen zwischen 100 und 120 Sekunden. Diese Werte sind jedoch geräteabhängig und müssen lokal validiert werden (Vranken et al., 2021).
Die Gerinnung im Vollblut beginnt sofort nach der Blutentnahme und ist stark temperaturabhängig. Ein Transport ins Labor würde die Zeiten verändern.
Deshalb ist die Messung direkt am Patientenbett notwendig. Sie liefert Ergebnisse in Echtzeit und ermöglicht eine sofortige Steuerung der Heparintherapie. Gerade in der Herzchirurgie, im Katheterlabor oder bei ECMO (extrakorporale Membranoxygenierung) ist dies entscheidend. Hier fällt die nächste Heparindosis oft innerhalb von Minuten.
Die ACT ist vor allem in Hochrisikosituationen etabliert.
In der Herzchirurgie dient sie zur Steuerung der Heparinisierung während des Bypass und zur Rückmessung nach Protamingabe. In der interventionellen Kardiologie und Elektrophysiologie kontrolliert sie moderate Heparinspiegel bei TAVI oder Ablationen. Unter ECMO-Bedingungen wird sie in spezialisierten Zentren eingesetzt, oft in Kombination mit Anti-Xa-Messungen.
Leitlinien sehen die ACT im Herz-Lungen-Bypass als Standard. In anderen Szenarien ist sie eine praktikable Option, eingebettet in Protokolle und ergänzt durch weitere Parameter (Shore Lesserson et al., 2018).
Das Blut muss direkt nach der Entnahme in die Kartusche gegeben und ohne Verzögerung gemessen werden.
Vor dem Bypass erfolgt eine Ausgangsmessung nach der initialen Heparindosis. Während des Bypass wird engmaschig kontrolliert. Nach Protamingabe bestätigt eine Rückmessung die Antagonisierung. Im Katheterlabor wird nach dem Heparinbolus gemessen, anschließend alle 20 bis 30 Minuten.
Entscheidend ist die Konsistenz. Ein Gerät und ein Kartuschentyp sollten durchgehend genutzt werden, da Kaolin- und Celite-Systeme unterschiedliche Werte liefern. Fehlerquellen sind Luftblasen, Abkühlung, Gerinnselreste oder zeitliche Verzögerungen (Nilsson et al., 2020).
Werte sind Orientierungen, sie gelten gerätebezogen und müssen lokal validiert und dokumentiert werden.
Klinisches Setting | Üblicher Zielbereich der Gerinnungszeit (ACT) | Besondere Hinweise |
---|---|---|
Herz-Lungen-Bypass in der Herzchirurgie | zirka 400 bis 480 Sekunden oder höher | Abhängig von Gerät, Patient und Strategie. Teilweise werden Dosis-Wirkungs-Kurven genutzt. |
Extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) | zirka 180 bis 220 Sekunden oder zirka 220 bis 260 Sekunden | Zentrumsspezifisch, häufig kombiniert mit Anti-Xa-Messungen. |
Katheterlabor, Ablationen, Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI) | zirka 250 bis 350 Sekunden, teilweise mit Low-Range-ACT (ACT-LR) | Low-Range-ACT wird für niedrigere Heparinspiegel genutzt. Unterschiede zwischen ACT-LR und ACT+ beachten. |
Ein Wechsel zwischen Geräten oder Kartuschentypen kann deutliche Abweichungen verursachen: in Analysen wurden zum Beispiel rund 40 Sekunden Differenz zwischen ACT-LR (Low-Range, für niedrige bis mittlere Heparinspiegel) und ACT+ (High-Range, für hohe Heparindosen) beschrieben. Solche Unterschiede erfordern validierte Umrechnungen und ein gezieltes Teambriefing, um Dosierungsfehler zu vermeiden (Moilanen et al., 2025).
Niedrige Werte während eines Bypass oder unter ECMO weisen auf eine unzureichende Antikoagulation hin. Dann wird die Heparindosis angepasst, beim Bypass meist direkt, bei ECMO vorsichtiger titriert. Die Messintervalle sollten verkürzt werden. Zusätzlich nutzen viele Zentren Anti-Xa-Messungen, um Blutungs- und Thromboserisiko präziser auszubalancieren.
Am Ende einer Operation sind dagegen zu hohe Werte kritisch. Sie deuten auf ein gesteigertes Blutungsrisiko hin. In diesem Fall neutralisiert Protamin das Heparin. Eine Rückmessung bestätigt den Erfolg der Antagonisierung.
Studien zeigen, dass finale ACT-Werte mit Blutverlust und Transfusionsbedarf korrelieren. Universelle Zielbereiche gibt es nicht. Entscheidend bleibt der klinische Kontext. Faktoren wie Hypothermie, Eingriffsdauer oder Hämodilution beeinflussen die Ergebnisse unabhängig von der Heparindosis (Pereira et al., 2024). Zudem zeigt die ACT nur die Wirkung hoher Heparindosen. Andere Aspekte wie Fibrinogen oder Thrombozytenfunktion erfasst sie nicht.
Auch patientennahe Tests unterliegen der Qualitätssicherung. In Deutschland gilt die Richtlinie der Bundesärztekammer (RiliBÄK) zur Qualitätssicherung. Sie fordert interne und externe Kontrollen, dokumentierte Kalibrierungen und vollständige Nachvollziehbarkeit.
Da ACT-Geräte oft von nicht-labormedizinischem Personal bedient werden, sind Schulungen und standardisierte Arbeitsanweisungen notwendig. Moderne Systeme helfen mit integrierten Kontrollmechanismen.
Zunehmend wichtig wird die IT-Anbindung. Über HL7- oder POCT1-A-Schnittstellen lassen sich Werte direkt ins Krankenhausinformationssystem übertragen. Das reduziert Dokumentationsfehler, sorgt für revisionssichere Speicherung und erhöht die Vergleichbarkeit.
Die Activated Clotting Time ist ein schnelles Steuerungsinstrument für hohe Heparinspiegel. Sie liefert innerhalb weniger Minuten handlungsrelevante Ergebnisse in Herzchirurgie, Katheterlabor und ECMO. Ihr Nutzen entsteht jedoch nur, wenn Zielbereiche klar definiert, Geräte konsistent genutzt, Qualitätssicherung umgesetzt und Ergebnisse in die IT eingebunden sind. In Kombination mit ergänzenden Parametern trägt die ACT dazu bei, Blutungen und Thrombosen zu vermeiden und Therapien sicher zu steuern.
Die ACT misst die Gerinnungszeit von Vollblut nach Kontaktaktivierung. Sie wird vor allem zur Überwachung hochdosierter Heparintherapien im OP oder Katheterlabor eingesetzt.
Die ACT ist sinnvoll bei herzchirurgischen Eingriffen (z. B. Herz-Lungen-Bypass), bei ECMO-Therapien und in Katheterlaboren unter Heparin-Gabe. Sie wird nicht für Routinekontrollen im Labor verwendet, sondern ausschließlich am Point of Care.
Die Zielwerte hängen u.a. vom klinischen Setting ab: beim Herz-Lungen-Bypass meist 400 bis 480 Sekunden oder höher, bei ECMO 180 bis 260 Sekunden, im Katheterlabor 250 bis 350 Sekunden.
Die aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT) ist ein Labortest, der die Wirkung niedriger Heparindosen prüft. Die ACT ist ein schneller Point-of-Care-Test für sehr hohe Heparindosen, wie sie im OP oder bei Interventionen üblich sind.
ACT-Werte können durch Hämatokrit, Thrombozytenzahl, Temperatur, verwendetes Messgerät und die Art des Aktivators beeinflusst werden. Deshalb sind Vergleichbarkeit und standardisierte Anwendung besonders wichtig.
Die Inhalte richten sich an medizinisches Fachpersonal. Sie ersetzen keine Beratung, begründen kein Behandlungsverhältnis und erfolgen ohne Gewähr. Nutzung auf eigenes Risiko, Haftung ausgeschlossen.