Diagnoodle Blog Home > Gerinnung > aPTT
Die aPTT ist ein zentraler Gerinnungstest, der sowohl im Labor als auch direkt am Point of Care eingesetzt werden kann. Er liefert wichtige Informationen über die Blutgerinnung und hilft, Blutungsrisiken oder Thrombosegefahren einzuschätzen. Für Ärzt:innen, medizinisches Fachpersonal und Entscheidungsträger:innen im Klinik-Einkauf ist es entscheidend zu wissen, wann der aPTT-Wert bestimmt werden sollte und wie er im klinischen Alltag zu interpretieren ist.
In unserem Hauptartikel finden Sie einen Gesamtüberblick zum Thema Blutgerinnung: Moderne Tests, Therapie & Trends.
Die aPTT misst die Zeit, die Blut benötigt, um über den sogenannten intrinsischen Gerinnungsweg zu gerinnen. Dabei werden mehrere Gerinnungsfaktoren überprüft, unter anderem Faktor VIII, IX, XI und XII sowie Bestandteile des gemeinsamen Weges (Faktor X, V, II und Fibrinogen).
Ein kurzer Vergleich: Während die aPTT den intrinsischen Weg der Gerinnung misst, prüft die Prothrombinzeit (PT/INR) den extrinsischen Weg. In der Praxis ergänzen sich beide Werte (Benzon et al., 2019).
Die Normwerte unterscheiden sich je nach Labor und Testsystem leicht. Meist liegt der Referenzbereich zwischen 25 und 35 Sekunden. Werte innerhalb dieser Spanne gelten als normal, Abweichungen können jedoch auf eine Gerinnungsstörung hinweisen.
Befund | Typischer aPTT-Wert | Bedeutung |
---|---|---|
Verkürzt | <25 Sekunden | Hinweis auf gesteigerte Gerinnung |
Normal | 25–35 Sekunden | physiologisch |
Verlängert | >35 Sekunden | Blutungsrisiko, Gerinnungsstörung oder Heparinwirkung |
Stark verlängert | >50 Sekunden | hohe klinische Relevanz, dringende Abklärung |
Therapeutische Heparintherapie | 1,5–2,5 × Normalwert | erwünschte Verlängerung |
Bei der Interpretation muss immer der klinische Zusammenhang berücksichtigt werden.
Ein erhöhter bzw. verlängerter aPTT-Wert ist ein häufiger Befund. Typische Ursachen sind:
Angeborene Gerinnungsdefekte wie Hämophilie A (Faktor-VIII-Mangel) oder Hämophilie B (Faktor-IX-Mangel).
von-Willebrand-Syndrom, das sekundär zu einer Erniedrigung von Faktor VIII führen kann und dadurch die Gerinnungszeit verlängert.
Unfraktionierte Heparintherapie, bei der eine Verlängerung therapeutisch erwünscht ist.
Lupus-Antikoagulans, das paradoxerweise trotz Verlängerung mit einem erhöhten Thromboserisiko verbunden ist.
Fortgeschrittene Lebererkrankungen oder ausgeprägter Vitamin-K-Mangel, die mehrere Gerinnungsfaktoren beeinträchtigen und so auch die aPTT verlängern können.
Präanalytische Fehler, z. B. Heparinkontamination bei der Blutabnahme.
Eine Verlängerung muss immer mit anderen Laborwerten und der klinischen Situation abgeglichen werden (Santoro et al., 2023).
Ein erniedrigter aPTT-Wert ist seltener, kann aber klinisch bedeutsam sein. Verkürzte Gerinnungszeiten deuten oft auf eine erhöhte Gerinnungsneigung hin.
Mögliche Ursachen:
Erhöhte Faktor-VIII-Spiegel, etwa bei Stress oder akuten Entzündungen.
Thrombophilie oder andere Zustände mit erhöhter Gerinnungsbereitschaft.
Schwangerschaft, die physiologisch mit gesteigerter Gerinnungsaktivität einhergeht.
Laborartefakte, wenn Reagenzien besonders empfindlich reagieren.
Auch wenn verkürzte Werte im Alltag seltener beachtet werden, können sie auf ein erhöhtes Risiko für Thrombosen hinweisen (Tripodi et al., 2004).
Die aktivierte partielle Thromboplastinzeit wird in verschiedenen klinischen Situationen genutzt:
Ein generelles Screening aller Patient:innen vor Operationen wird heute nicht mehr empfohlen. Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) empfiehlt stattdessen eine gezielte Gerinnungsdiagnostik, wenn Anamnese, körperlicher Befund oder Risikofaktoren auffällig sind
Therapieüberwachung: Die Steuerung einer Behandlung mit unfraktioniertem Heparin erfolgt klassisch über diesen Test. Ziel ist eine Verlängerung auf das 1,5- bis 2,5-Fache des Normalwerts. Für niedermolekulare Heparine ist er hingegen nicht geeignet (Lardinois et al., 2022).
Blutungsdiagnostik: Eine isolierte Verlängerung weist häufig auf Defekte im intrinsischen Gerinnungssystem hin und unterstützt die Differenzialdiagnose von Hämophilien oder Inhibitoren (Santoro et al., 2023).
Dieser Gerinnungstest ist sensibel, jedoch nicht hochspezifisch. Typische Fehlerquellen sind:
Falsch gefüllte Citrat-Röhrchen.
Heparinkontamination bei der Blutentnahme.
Unterschiedliche Reagenzien und Messsysteme zwischen Laboren.
Daher sollte eine Abweichung immer überprüft und mit klinischen Befunden abgeglichen werden.
Zentrale Labormessungen gelten als Goldstandard in der Genauigkeit. Allerdings entsteht durch Transport und Verarbeitung ein Zeitverzug, der besonders in Notfallsituationen problematisch ist.
Point-of-Care-Systeme (POCT) liefern Ergebnisse direkt am Patientenbett oder im Operationssaal innerhalb weniger Minuten. So lassen sich therapeutische Entscheidungen, etwa bei Blutungen oder laufender Heparintherapie, deutlich beschleunigen.
Neben Parametern wie Fibrinogen und D-Dimere werden am Point of Care auch die Thrombozytenfunktion, die Activated Clotting Time (ACT) sowie Verfahren der Viskoelastometrie eingesetzt. Damit lassen sich Blutgerinnungsstörungen umfassend einschätzen und Therapien gezielt steuern, ohne den Zeitverzug durch zentrale Laborauswertungen.
Für den sicheren Einsatz ist eine Anbindung an klinische IT-Systeme erforderlich, beispielsweise über eine POCT Gerät HL7 Schnittstelle. Zudem schreibt die Qualitätssicherung nach der Richtlinie der Bundesärztekammer (RiliBÄK) regelmäßige interne und externe Kontrollen vor, damit Ergebnisse aus Labor und POCT zuverlässig vergleichbar sind.
Die aktivierte partielle Thromboplastinzeit ist ein zentraler Bestandteil der Gerinnungsdiagnostik. Sie wird eingesetzt zur Überwachung einer Heparintherapie, zur Abklärung von Blutungsneigungen und in der präoperativen Diagnostik. Ob im Labor oder am Point of Care – die aPTT liefert wichtige Informationen, die in vielen klinischen Entscheidungen eine Rolle spielen.
Eine Verlängerung weist auf Gerinnungsdefekte, eine Heparintherapie oder Inhibitoren hin.
Eine Verkürzung kann auf erhöhte Gerinnungsneigung hindeuten.
aPTT misst den intrinsischen Weg, PT/INR den extrinsischen. Beide ergänzen sich.
Bei Verdacht auf Gerinnungsstörungen, zur Heparinüberwachung oder präoperativ bei Risikopatient:innen.
Ja, moderne POCT-Geräte liefern Ergebnisse in wenigen Minuten, vorausgesetzt Qualitätssicherung und IT-Anbindung sind gewährleistet.
Die Inhalte richten sich an medizinisches Fachpersonal. Sie ersetzen keine Beratung, begründen kein Behandlungsverhältnis und erfolgen ohne Gewähr. Nutzung auf eigenes Risiko, Haftung ausgeschlossen.