Diagnoodle Blog Home > PCR > HIV-PCR-Test
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) verfolgt mit der Strategie 95-95-95 ein klares Ziel: 95 Prozent aller Menschen mit HIV sollen ihren Status kennen, 95 Prozent der diagnostizierten Personen sollen Zugang zu einer antiretroviralen Therapie erhalten, und bei 95 Prozent der Behandelten soll die Viruslast unter die Nachweisgrenze sinken. Erst wenn Menschen ihren HIV-Status kennen, können sie frühzeitig in eine Behandlung mit antiretroviraler Therapie eintreten.
In Deutschland leben laut Robert Koch-Institut rund 96.700 Menschen mit HIV (Stand Ende 2023), ein Teil davon ohne gesicherte Diagnose. Späte Diagnosen verschlechtern die individuelle Prognose und erschweren gleichzeitig die Eindämmung der Epidemie. Einen breiteren Überblick zur PCR bietet unser Blog-Artikel PCR in der modernen Medizin.
Die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) vervielfältigt gezielt virale Ribonukleinsäure, kurz RNA. Zunächst wandelt die Reverse Transkriptase RNA in Desoxyribonukleinsäure (DNA) um. Anschließend amplifiziert die PCR die DNA in Zyklen. Fluoreszenz-Signale werden in Echtzeit gemessen.
Der zentrale Messwert heißt Cycle Threshold (Ct). Je niedriger der Ct-Wert, desto höher war die Ausgangsmenge an HIV-RNA. Moderne quantitative Verfahren, RT-qPCR genannt (Reverse Transkriptase quantitative PCR), liefern Ergebnisse in Kopien pro Milliliter beziehungsweise Internationale Einheiten. Zur Quantifizierung PCR-Diagnostik empfehlen wir unseren Blog-Artikel qPCR in Klinik und Praxis: Quantifizierung für gezielte Therapien.
Akute HIV-Infektion: In den ersten Wochen nach Ansteckung mit HIV treten oft unspezifische Symptome wie Fieber, Nachtschweiß oder geschwollene Lymphknoten auf. Die Virusmenge ist in dieser Phase besonders hoch, Antikörpertests schlagen jedoch erst nach zwei bis sechs Wochen an. Der direkte Nachweis der Virus-RNA durch HIV-PCR erlaubt bereits wenige Tage nach Infektion eine sichere Diagnose (European AIDS Clinical Society).
Säuglingsdiagnostik: Bei Kindern unter 18 Monaten verfälschen mütterliche Antikörper serologische Tests. Nur die HIV-PCR kann das Virus direkt nachweisen. Sie ermöglicht eine zuverlässige Diagnose zu definierten Zeitpunkten (Geburt, 6 Wochen, 9 Monate, 6 Wochen nach Stillende) und damit einen raschen Therapiebeginn (U.S. Department of Health and Human Services, Perinatal Guidelines).
Monitoring unter Therapie: Auch bei gesicherter HIV-Infektion ist die PCR zentral: Sie bestimmt die Viruslast über den gesamten Therapieverlauf und bildet die Basis zur Bewertung des Behandlungserfolgs.
In unserem Blog-Artikel PCR-Test im Überblick: Varianten, Zuverlässigkeit, Konsequenzen erfahren Sie mehr über die praktischen Einsatzmöglichkeiten in Klinik und Praxis.
Fragestellung | Probe | Zeitpunkte | Konsequenz |
---|---|---|---|
Frühe Infektion | Plasma / Serum | Sofort bei Verdacht, Wiederholung nach Tagen, serologisch nachsteuern | Frühzeitige ART bei Bestätigung |
Säuglingsdiagnostik | Trockenblut / Plasma | Geburt (optional), 6 Wochen, 9 Monate, 6 Wochen nach Stillende | Rascher Therapiebeginn |
Monitoring unter ART | Plasma | 4–8 Wochen nach Start, danach alle 3–6 Monate | Bei Rebound: Adhärenz prüfen, Resistenz testen |
Eine detaillierte Übersicht über Unterschiede, Vorteile und Grenzen finden Sie in unserem Blog-Artikel PCR-Testverfahren erklärt.
Die hohe Sensitivität des HIV-PCR-Tests erfordert saubere Präanalytik. Dazu zählen rasche Plasma-Gewinnung, Transport ohne wiederholte Gefrier-Tauzyklen und strikte Trennung von Vorbereitung und Amplifikation.
Qualitätssicherung umfasst interne Kontrollen, externe Ringversuche und dokumentierte Prozesse. In Deutschland regelt die RiliBÄK (Richtlinie der Bundesärztekammer) die Anforderungen. International ist ISO 15189 maßgeblich. Für Point-of-Care-Systeme gilt die gleiche Verpflichtung zu Kontrollen und Dokumentation. Welche Kriterien bei der Auswahl eines passenden Systems entscheidend sind, lesen Sie in unserem Blog-Artikel PCR-Testgerät auswählen: Leitfaden für Klinik und Praxis.
Der HIV-PCR-Test kann im Zentrallabor oder direkt am Point of Care durchgeführt werden. Wie die Echtzeitmessung funktioniert, erläutern wir im Blog-Artikel PCR Real-Time: Echtzeitdiagnostik für Klinik und Praxis.
Kriterium | Labor | Point of Care |
---|---|---|
Turnaround-Zeit | 12–24 Stunden | 30–90 Minuten |
Skalierbarkeit | Hohe Probenzahlen | Einzelfälle, Notfälle |
Qualitätssicherung | RiliBÄK & ISO | RiliBÄK & ISO |
Kosten | Günstiger pro Test bei hoher Fallzahl | Deutlich höhere Stückkosten |
Nutzen | Screening, Monitoring | Akute Therapieentscheidung, Säuglingsdiagnostik |
Für Monitoring und Routine eignet sich das Labor mit seiner Effizienz. Wenn jedoch Zeit entscheidend ist, etwa bei Säuglingen oder in Notaufnahmen, bietet ein Point-of-Care-System den entscheidenden Vorteil. Moderne Geräte lassen sich via HL7 oder FHIR an Krankenhaus- und Praxisinformationssysteme anbinden. Wie sich mit einem einzigen Test mehrere Erreger erfassen lassen, beschreibt unser Blog-Artikel Multiplex PCR: Viele Antworten in einem Test.
Therapiebeginn
Eine durch PCR gesicherte HIV-Diagnose führt heute direkt zum Start einer antiretroviralen Therapie (ART), meist mit einem Integrase-Inhibitor-Schema. Die Viruslast wird nach 4 bis 8 Wochen erstmals kontrolliert, danach in kürzeren Abständen bis zur stabilen Suppression. Bleibt sie nachweisbar, müssen Einnahmefehler, Arzneimittelinteraktionen oder Resistenzen ausgeschlossen werden. Studien zeigen, dass ein früher Therapiebeginn die Krankheitsprogression deutlich verlangsamt und langfristig Vorteile bringt (Michienzi et al., 2021). Auch die WHO empfiehlt ART unabhängig vom CD4-Wert (WHO Guidelines, 2021).
„Undetectable = Untransmittable“ (U = U)
Eine dauerhaft nicht nachweisbare Viruslast bedeutet, dass HIV beim Geschlechtsverkehr nicht übertragen wird. Dieses Prinzip, international als „U = U“ bekannt, ist wissenschaftlich belegt und von Fachgesellschaften weltweit anerkannt. Für die Praxis bedeutet das: Patient:innen erleben den unmittelbaren Nutzen ihrer Therapie, und in der Beratung ist U = U ein starkes Argument gegen Stigmatisierung (Rodger et al., 2019).
Besondere klinische Situationen
Schwangerschaft: engmaschige Kontrollen sind nötig, da jede Viruslaststeigerung das Übertragungsrisiko aufs Kind erhöht.
Präexpositions- und Postexpositionsprophylaxe (PrEP/PEP): PCR-Tests klären frühzeitig, ob trotz Prophylaxe eine Infektion eingetreten ist.
Therapiewechsel: vor einem Regimewechsel sollte immer eine aktuelle Viruslastbestimmung erfolgen, um die Entscheidung abzusichern.
Der HIV-PCR-Test ist der wichtigste Baustein in der modernen HIV-Versorgung. Er erkennt Infektionen sehr früh, überwacht den Erfolg der Therapie und bestätigt, ob eine Viruslast dauerhaft nicht nachweisbar bleibt. Damit schafft er Sicherheit für Patient:innen und Behandelnde – sowohl für die individuelle Prognose als auch für die öffentliche Gesundheit.
Der HIV-PCR-Test erkennt virale RNA oft schon wenige Tage nach Infektion, also bevor Antikörpertests reagieren. Für HCPs ist er daher die Methode der Wahl bei Verdacht auf akute HIV-Infektion.
Unter antiretroviraler Therapie ist der HIV-PCR-Test entscheidend, um den Therapieerfolg zu überwachen. Ziel ist eine dauerhaft nicht nachweisbare Viruslast, gemessen in regelmäßigen Abständen.
In der Regel wird Plasma genutzt. In speziellen Situationen, wie der Säuglingsdiagnostik, können auch Trockenblutproben oder Serum eingesetzt werden.
Empfohlen sind Kontrollen 4 bis 8 Wochen nach Beginn oder Wechsel der Therapie, danach alle 3–6 Monate. Bei auffälligen Werten sollte zeitnah eine Wiederholung erfolgen.
Im Labor können große Probenzahlen effizient verarbeitet werden, während Point-of-Care-Systeme Ergebnisse in weniger als 90 Minuten liefern und so schnelle Therapieentscheidungen ermöglichen.
Die Inhalte richten sich an medizinisches Fachpersonal. Sie ersetzen keine Beratung, begründen kein Behandlungsverhältnis und erfolgen ohne Gewähr. Nutzung auf eigenes Risiko, Haftung ausgeschlossen.