Diagnoodle Blog Home > PCR > Multiplex PCR

Multiplex PCR: Viele Antworten in einem Test

Hinweis: Dieser Artikel richtet sich ausschließlich an medizinische Fachkreise.

Multiplex PCR verstehen: Prinzip, Stärke, Grenze

Die Polymerase Kettenreaktion (PCR) ist ein zentrales Werkzeug der modernen Diagnostik. Die Multiplex PCR geht einen Schritt weiter: Sie identifiziert mehrere Erreger oder Gene in einer einzigen Analyse. Das spart Zeit, reduziert Fehlbehandlungen und unterstützt gezielte Therapieentscheidungen in Klinik und Praxis.

Die Polymerase Kettenreaktion vervielfältigt Erbmaterial wie Desoxyribonukleinsäure (DNA) oder Ribonukleinsäure (RNA), bis es sicher messbar ist. Die Multiplex Variante kombiniert mehrere Zielsequenzen in einem Ansatz. Damit gelingt der gleichzeitige Nachweis verschiedener Erreger oder Resistenzgene aus nur einer Probe.

Vorteile: weniger Probenmaterial, kürzere Zeit bis zum Ergebnis, syndromischer Blick auf mögliche Ursachen. Grenzen: mögliche gegenseitige Beeinflussung von Primern, geringere Sensitivität im Vergleich zu hochoptimierten Einzeltests und eingeschränkte Erregerlisten.

Mehr zur Rolle der PCR im klinischen Alltag finden Sie im Blog-Artikel PCR in der modernen Medizin.

Wo Multiplex PCR den Unterschied macht

Multiplex PCR kann in ganz unterschiedlichen klinischen Situationen den entscheidenden Zeitvorteil bringen. Die folgende Übersicht zeigt typische Einsatzgebiete, welche Proben dafür benötigt werden, wie schnell Ergebnisse vorliegen und welche Konsequenzen sie für die Behandlung haben können. In unserem Blog-Artikel PCR-Test im Überblick: Varianten, Zuverlässigkeit, Konsequenzen erfahren Sie mehr über die praktischen Einsatzmöglichkeiten in Klinik und Praxis.

Syndrom Probe Ergebniszeit Konsequenzen
Atemwegsinfekt Nasopharyngeal Abstrich oder bronchoalveoläre Lavage (BAL) 45–120 Minuten Raschere antivirale Therapie oder Deeskalation von Antibiotika (Virk et al., 2024)
Pneumonie (Intensivmedizin) Trachealsekret oder bronchoalveoläre Lavage (BAL) 60–120 Minuten Gezieltere Therapie, bessere Einordnung kulturnegativer Fälle (Søgaard et al., 2024)
Urogenitale Infektionen Erststrahlurin oder Abstrich 60–90 Minuten Schnelle Behandlung, Partnertherapie, gezielte Resistenzprüfung (Upadhyay et al., 2024)
Blutstrominfektion Blut oder positive Kulturflasche 60–180 Minuten Frühere Anpassung der Antibiotikatherapie (Candel et al., 2024)

Methodik: von Probe bis Befund

Die Arbeitsschritte einer Multiplex PCR lassen sich in vier Phasen gliedern:

1) Probenentnahme – korrektes Material wie Abstriche aus dem Nasen-Rachen-Raum, Blut oder Urin muss sachgerecht gewonnen werden, da die Präanalytik die Zuverlässigkeit des Ergebnisses wesentlich bestimmt.

2) Nukleinsäurefreisetzung – entweder durch klassische Aufbereitung im Labor oder durch integrierte Kartuschen in modernen Systemen.

3) Amplifikation – Vervielfältigung der Zielsequenzen im Thermocycler. Viele Systeme nutzen dabei die quantitative PCR (qPCR), die den Fortschritt in Echtzeit sichtbar macht. Zur Quantifizierung in der Onkologie empfehlen wir unseren Blog-Artikel qPCR in Klinik und Praxis: Quantifizierung für gezielte Therapien.

4) Detektion – Nachweis der Zielmoleküle über fluoreszierende Farbstoffe oder Sonden. Für RNA-Ziele wird häufig zuvor eine Umschreibung in DNA durch eine Reverse Transkriptase vorgeschaltet.

Gerade weil diese Abläufe standardisiert, aber zeitkritisch sind, ist es wichtig zu wissen, in welchen klinischen Situationen Multiplex PCR sinnvoll eingesetzt werden kann. Die folgende Tabelle zeigt typische Anwendungsfelder, Probenarten, Ergebniszeiten und die unmittelbaren Konsequenzen für die Behandlung. Eine detaillierte Übersicht über Unterschiede, Vorteile und Grenzen finden Sie in unserem Blog-Artikel PCR-Testverfahren erklärt.

Diagnostische Bedeutung und therapeutische Konsequenzen

Multiplex PCR wird besonders dort eingesetzt, wo schnelle und differenzierte Diagnosen den Verlauf entscheidend beeinflussen.

Atemwegsinfektionen:

Multiplex-Panels verkürzen die Zeit bis zur Unterscheidung zwischen viraler und bakterieller Ursache. Damit lassen sich unnötige Antibiotikagaben vermeiden und gleichzeitig gezielte antivirale Therapien frühzeitig einleiten. In einer Studie konnte gezeigt werden, dass die Einbindung solcher Panels die Patientensicherheit erhöht und Resistenzen vorbeugt (Abelena-Alonso et al., 2024).

Pneumonie im Krankenhaus:

Bei stationär behandelten Patient:innen, insbesondere auf Intensivstationen, ermöglichen Multiplex-PCR-Systeme die raschere Identifizierung von bakteriellen und viralen Erregern. Dadurch kann die Therapie schneller angepasst werden, was sowohl die Prognose verbessert als auch die Liegedauer verkürzt (Søgaard et al., 2024).

Sexuell übertragbare Infektionen:

Hier steigern Multiplex-Verfahren die Diagnosequote erheblich. Statt für jeden Erreger separate Tests durchzuführen, genügt eine einzige Probe. Das erleichtert die Einleitung einer gezielten Therapie, verkürzt die Zeit bis zur Behandlung und unterstützt Partnerprogramme, die Rückfälle oder Neuinfektionen verhindern sollen (Medhi et al., 2024). Mehr zur frühen Diagnostik und sicheren Steuerung der Therapie erfahren Sie im Blog-Artikel HIV-PCR-Test: Früh erkennen & Therapie sicher steuern.

Sepsis und Blutstrominfektionen:

Bei Sepsis zählt jede Stunde. Multiplex-Panels beschleunigen den Nachweis der relevanten Erreger und deren Resistenzmuster direkt aus Blut oder Kulturflaschen. So kann die Antibiotikatherapie frühzeitig angepasst werden – ein entscheidender Faktor für Überlebensraten und Therapiesicherheit (Candel et al., 2024).

Welche Kriterien bei der Auswahl eines passenden Systems entscheidend sind, lesen Sie in unserem Blog-Artikel PCR-Testgerät auswählen: Leitfaden für Klinik und Praxis.

Multiplex PCR

Ökonomische Perspektive der Multiplex PCR

Multiplex PCR-Tests sind in der Anschaffung und pro Analyse teurer als klassische Einzeltests. Sie können sich jedoch schnell rechnen, wenn man die Folgekosten berücksichtigt, die durch eine verzögerte oder ungezielte Therapie entstehen. Dazu gehören unnötige Breitspektrum-Antibiotikagaben, Isolationen ohne klare Indikation, zusätzliche Bildgebung oder sogar vermeidbare Krankenhausaufnahmen. Entscheidend sind daher nicht die Kosten pro Test, sondern Kennzahlen wie: Zeit bis zur richtigen Therapie, Dauer der Antibiotikagabe, Verweildauer im Krankenhaus und Wiederaufnahmeraten. Wie die Echtzeitmessung funktioniert, erläutern wir im Blog-Artikel PCR Real-Time: Echtzeitdiagnostik für Klinik und Praxis.

Studien zu Pneumonie-Panels zeigen, dass sich der Einsatz ökonomisch lohnt, wenn Ergebnisse konsequent in therapeutische Entscheidungen übersetzt werden. Besonders erfolgreich sind Kliniken, die Antibiotic-Stewardship-Teams einbinden, um die Befunde aktiv in gezielte Maßnahmen umzusetzen (Søgaard et al., 2024). Eine aktuelle Analyse im Stationsalltag bestätigt, dass syndromische Panels die Behandlungszeit verkürzen und sowohl medizinische als auch wirtschaftliche Vorteile bringen können (Kitagawa et al., 2025). Eine offene Übersichtsarbeit fasst zudem den aktuellen Stand zu Nutzen, Grenzen und Kostenaspekten von Multiplex-Verfahren zusammen (Candel et al., 2024).

Multiplex-PCR: Fazit

Multiplex PCR verbindet diagnostische Präzision mit Geschwindigkeit und eröffnet damit neue Handlungsspielräume in Klinik und Praxis. Sie verkürzt die Zeit bis zur gezielten Therapie, reduziert unnötige Antibiotikagaben und stärkt die Patientensicherheit. Trotz höherer Testkosten zeigt sich, dass die Methode durch kürzere Liegezeiten, bessere Behandlungsergebnisse und eine optimierte Ressourcennutzung ökonomisch sinnvoll sein kann. Ihr größter Wert liegt im Zusammenspiel von schneller Diagnostik und konsequenter Umsetzung der Ergebnisse in klinische Entscheidungen.

Frequently Asked Questions (FAQs) zur Multiplex-PCR

Welche Vorteile hat Multiplex PCR gegenüber Einzel-PCR-Tests?

Multiplex PCR kann mehrere Erreger oder Resistenzgene gleichzeitig in einem Test nachweisen. Das spart Zeit, Material und unterstützt eine schnelle Therapieentscheidung.

Die Sensitivität ist hoch, auch wenn sie bei einzelnen Erregern leicht unter optimierten Einzel-PCRs liegen kann. Validierte Panels haben sich jedoch in Infektiologie und Intensivmedizin als zuverlässig erwiesen.

Vor allem, wenn schnell zwischen viraler und bakterieller Ursache unterschieden werden muss. So lassen sich unnötige Antibiotikagaben vermeiden und gezielte antivirale Therapien früher einleiten.

Typische Materialien sind Nasopharyngealabstriche, Blut (bei Sepsis), Trachealsekret oder bronchoalveoläre Lavage sowie Urin und Genitalabstriche bei urogenitalen Infektionen.

Trotz höherer Testkosten kann Multiplex PCR ökonomisch vorteilhaft sein, weil sie Folgeaufwände reduziert: kürzere Liegedauer, zielgerichtete Antibiotikagabe und weniger unnötige Untersuchungen.

Das könnte Sie auch interessieren