Nitrit im Urin: Diagnostik & klinische Konsequenzen

Hinweis: Dieser Artikel richtet sich ausschließlich an medizinische Fachkreise.

Nitrit im Urin: Ein erster Hinweis auf Infektionen

Nitrit im Urin ist ein diagnostischer Hinweis, der in der klinischen Praxis regelmäßig genutzt wird. Meist wird er mithilfe eines einfachen Urinteststreifens nachgewiesen. Besonders in der Diagnostik von Harnwegsinfektionen hat Nitrit im Urin eine große Bedeutung. Für Gesundheitsfachkräfte ist es entscheidend, diesen Befund richtig einzuordnen. Denn er kann einerseits die Entscheidung für eine sofortige Behandlung stützen, andererseits birgt er Limitationen, die eine Fehleinschätzung verhindern sollen. Dieser Artikel erklärt die physiologischen Grundlagen, die diagnostische Bedeutung und die therapeutischen Konsequenzen von Nitrit im Urin.

Einen umfassenden Überblick über die medizinische Relevanz der Urinanalyse bietet der Artikel „Urin: Bedeutung, Diagnostik und Konsequenzen in der Medizin“.

Nitrit im Urin: Wie entsteht es?

Nitrit im Urin entsteht durch eine bakterielle Stoffwechselreaktion. Normalerweise enthält der Urin Nitrat aus der Nahrung. Gramnegative Bakterien wie Escherichia coli besitzen das Enzym Nitratreduktase, das Nitrat in Nitrit umwandelt. So reichert sich Nitrit im Urin an und kann nachgewiesen werden. Eine Studie zeigte, dass E. coli Harnnitrat zuverlässig reduziert, weshalb Nitrit als Marker für Infektionen gilt (Martín-Rodríguez et al., 2020).

Nicht alle Erreger sind dazu befähigt. Enterokokken oder Staphylococcus saprophyticus produzieren kein Nitrit, sodass ein negativer Test eine Infektion nicht ausschließt. Ebenso wichtig ist die Verweildauer des Urins in der Blase. Wird diese zu kurz, bleibt die Konzentration zu gering für den Nachweis. Damit erklärt sich, warum der Nitrittest zwar eine hohe Spezifität, aber nur eine begrenzte Sensitivität besitzt.

Diagnostische Bedeutung von Nitrit im Urin

Der Nachweis von Nitrit im Urin ist ein indirekter, aber relevanter Hinweis auf eine bakterielle Harnwegsinfektion. Ein positives Ergebnis erhöht die Wahrscheinlichkeit deutlich, ein negatives schließt eine Infektion jedoch nicht aus. Die European Association of Urology (EAU) empfiehlt daher den kombinierten Nachweis von Nitrit und Leukozyten im Urin als Teil der Routinediagnostik.

Studien zeigen eine hohe Spezifität des Tests, während die Sensitivität mit 30 bis 50 Prozent deutlich niedriger ist. Das bedeutet: Positivbefunde sind diagnostisch wertvoll, negative Ergebnisse dürfen nicht als Entwarnung gelten (Bellazreg et al., 2019).

Die praktische Umsetzung dieser Diagnostik erfolgt in der Regel mit klassischen Urinteststreifen oder über moderne Urin Analysegeräte, die eine standardisierte und reproduzierbare Auswertung ermöglichen. Ein positiver Befund sollte immer weitere diagnostische Schritte nach sich ziehen. Fällt der Test hingegen negativ aus, obwohl klinisch klare Symptome bestehen, ist eine mikrobiologische Urinkultur notwendig, um die Diagnose zu sichern.

Nitrit im Urin und weitere Parameter

Der Nachweis vom Nitritmarker im Urin ist besonders aussagekräftig, wenn er zusammen mit weiteren Parametern bewertet wird. Urinteststreifen prüfen meist auch Leukozytenesterase und Eiweiß. Nitrit weist auf das Vorhandensein bestimmter Bakterien hin, während Leukozytenesterase eine Immunreaktion im Urin signalisiert. Sind beide Befunde positiv, steigt die Wahrscheinlichkeit für eine Infektion deutlich.

Zeigt der Test nur Leukozytenesterase, kann dennoch eine Infektion oder auch eine sterile Entzündung vorliegen. Ist ausschließlich Nitrit positiv, spricht das entweder für eine frühe Infektionsphase oder für eine asymptomatische Bakteriurie, bei der Keime vorhanden sind, aber keine Beschwerden bestehen.

Eine aktuelle Studie von Chernaya et al. (2022) zeigt, dass die Sensitivität der Leukozytenesterase bei 80,9% liegt, die Spezifität jedoch nur bei 58%. Der Nitrittest erreicht eine Sensitivität von 46,5% und eine Spezifität von 90%. Damit ist Nitrit spezifischer, Leukozytenesterase aber empfindlicher. Die Kombination beider Parameter verbessert die diagnostische Aussagekraft deutlich.

Mehr zu den wichtigsten Parametern lesen Sie in den Artikeln zu Erythrozyten im UrinLeukozyten im UrinProtein im Urin, und ph-Wert im Urin.

Nitrit im Urin

Klinische Konsequenzen: Wann behandeln?

Die therapeutische Bedeutung von Nitrit im Urin hängt davon ab, ob Symptome einer Harnwegsinfektion bestehen. Treten Schmerzen beim Wasserlassen, häufiger Harndrang oder Flankenschmerzen auf und zeigt der Teststreifen den Nitritmarker, spricht dies klar für eine bakterielle Infektion. In diesem Fall ist eine empirische Antibiotikatherapie gerechtfertigt, bis das Ergebnis der Urinkultur vorliegt. Studien zeigen, dass Antibiotika schneller zur Symptomfreiheit führen und das Risiko einer Pyelonephritis senken (Lopez et al., 2021).

Anders ist die Situation bei asymptomatischer Bakteriurie, also einem Keimnachweis ohne Beschwerden. Hier bringt eine antibiotische Behandlung keinen Nutzen und erhöht nur das Risiko für Resistenzen und Nebenwirkungen (Krzyzaniak et al., 2022). Ausnahmen gelten für Schwangere und Patient:innen vor urologischen Eingriffen, wo eine Therapie empfohlen wird.

Kurz gesagt: Ein positiver Nitrit-Test im Urin rechtfertigt eine sofortige Behandlung nur bei klaren Symptomen oder besonderen Risikokonstellationen.

Limitationen und Fehlerquellen

Obwohl der Nitrittest schnell und unkompliziert ist, hat er klare Grenzen. Die Sensitivität ist niedrig, da ein Nachweis nur gelingt, wenn der Urin lange genug in der Blase verweilt und eine ausreichend hohe Bakterienkonzentration erreicht wird (Nair & Seelam, 2021).

Auch die Ernährung spielt eine Rolle: Ohne ausreichende Nitratzufuhr können Bakterien kein Nitrit bilden. Zudem hängt das Ergebnis vom Erreger ab. Enterokokken oder Pseudomonas aeruginosa reduzieren Nitrat nicht und führen daher trotz Infektion oft zu negativen Resultaten.

Chemische Substanzen wie Vitamin C können das Ergebnis zusätzlich verfälschen. Hohe Ascorbinsäurespiegel blockieren die Reaktion auf dem Teststreifen und begünstigen falsch-negative Befunde.

Nitrit im Urin: Fazit

Nitrit im Urin ist ein wichtiger diagnostischer Marker, der in der täglichen klinischen Arbeit eine zentrale Rolle spielt. Er ist kostengünstig, schnell verfügbar und liefert wertvolle Informationen zur Einschätzung von Harnwegsinfektionen. Gleichzeitig ist seine Aussagekraft begrenzt, sodass ein negativer Befund keineswegs eine Infektion ausschließt. Für Ärzt:innen und medizinisches Fachpersonal bedeutet das, dass Nitrit im Urin stets als ein Baustein der Diagnostik betrachtet werden muss. Die Kombination mit weiteren Parametern, die Einbeziehung klinischer Symptome und die Bestätigung durch mikrobiologische Untersuchungen sind unerlässlich, um eine sichere und zielgerichtete Therapieentscheidung zu treffen.

Frequently Asked Questions (FAQs) zu Nitrit im Urin

Nitrit im Urin ohne Symptome – was bedeutet das?

Ein Nachweis von Nitritmarker im Urin ohne Beschwerden spricht häufig für eine asymptomatische Bakteriurie. Diese wird in der Regel nicht behandelt, außer in der Schwangerschaft oder vor urologischen Eingriffen.

Der Test hat eine hohe Spezifität von über 90%, ist also bei positivem Ergebnis sehr aussagekräftig. Die Sensitivität liegt jedoch nur bei 30 bis 50%, weshalb ein negativer Befund eine Infektion nicht sicher ausschließt.

Mögliche Ursachen sind zu kurze Verweildauer des Urins in der Blase, eine sehr nitratarme Ernährung, Infektionen mit nicht-nitratreduzierenden Bakterien wie Enterokokken sowie Störfaktoren wie hohe Vitamin-C-Konzentrationen.

In der Schwangerschaft wird auch eine asymptomatische Bakteriurie behandelt, da sie das Risiko für Pyelonephritis und Komplikationen wie Frühgeburt oder niedriges Geburtsgewicht erhöht.

Eine Urinkultur ist immer erforderlich, wenn Patient:innen Symptome einer Harnwegsinfektion haben. Sie bestätigt die Diagnose, identifiziert den Erreger und ermöglicht die Resistenztestung für eine gezielte Antibiotikatherapie.

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