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Die arterielle Blutgasanalyse (BGA) ist ein unverzichtbares Werkzeug in Klinik und Praxis. Sie erlaubt die direkte Beurteilung von Oxygenierung, Ventilation und Säure-Basen-Haushalt. Besonders in der Notfall- und Intensivmedizin liefert sie entscheidende Informationen, die unmittelbar therapeutische Konsequenzen haben. In diesem Artikel werden die Unterschiede zur venösen und kapillaren Blutgasanalyse erklärt, die arteriellen Referenzwerte dargestellt und ein systematisches Vorgehen zur Interpretation erläutert.
Einen umfassenden Überblick zur Methode, Durchführung und klinischen Anwendung finden Sie im Beitrag Blutgasanalyse: Grundlagen, Praxis und klinische Bedeutung.
Bei der arteriellen Blutgasanalyse wird Blut direkt aus einer Arterie entnommen, meist aus der Arteria radialis. Sie ist invasiver und für Patient:innen belastender als die venöse Probe, liefert jedoch die präzisesten Daten zur Oxygenierung. Wann venöse Werte ausreichen, erfahren Sie im Beitrag venöse BGA-Normwerte sicher interpretieren.
Gesichert bestimmen lassen sich:
pH-Wert
Kohlendioxid-Partialdruck (PaCO₂)
Sauerstoff-Partialdruck (PaO₂)
Bikarbonat (HCO₃⁻)
Basenabweichung (BE)
Sauerstoffsättigung (SaO₂)
Damit ist die arterielle BGA Goldstandard für die Beurteilung der respiratorischen Funktion, insbesondere bei Hypoxämie, Beatmungstherapie und Schockzuständen (Saberian et al., 2023).
Die Aussagekraft der arteriellen BGA hängt unmittelbar von der korrekten Präanalytik ab. Blut wird in heparinisierten Spritzen gewonnen. Fehler entstehen durch Luftblasen, verzögerte Messung oder unzureichendes Mischen.
Die Probe sollte sofort analysiert werden, spätestens jedoch nach zehn Minuten. Bei Verzögerung ist Kühlung notwendig. Schon kleine Präanalytik-Fehler können die Interpretation entscheidend verfälschen.
Zur Qualitätssicherung verpflichtet in Deutschland die Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen (RiliBÄK) zu regelmäßigen internen und externen Kontrollen, damit Geräte zuverlässig arbeiten und systematische Fehler erkannt werden. Einen Überblick zu Gerätetypen, IT-Anbindung und Kosten bietet unser Beitrag Blutgasanalysator: Technik verstehen & besser entscheiden.
Die folgenden Referenzbereiche gelten für Erwachsene in Ruhe unter Normbedingungen:
Parameter | Arterieller Referenzbereich | Kommentar |
---|---|---|
pH | 7,35–7,45 | Säure-Basen-Balance |
PaCO₂ (mmHg) | 35–45 | Ventilation |
HCO₃⁻ (mmol/L) | 22–26 | Metabolische Komponente |
BE (mmol/L) | −2 bis +2 | Ergänzende Beurteilung |
PaO₂ (mmHg) | 75–100 | Oxygenierung |
SaO₂ (%) | 95–100 | Effektiver Gasaustausch |
Besonderheit: Nur die arterielle BGA erlaubt die zuverlässige Beurteilung von PaO₂ und SaO₂ und damit der Oxygenierung. Venöse Werte sind dafür nicht geeignet. In bestimmten Situationen kann jedoch eine kapilläre BGA ausreichend sein, etwa wenn die arterielle Punktion vermieden werden soll. Typische Referenzwerte finden Sie im Artikel BGA-Normwerte verstehen.
Schritt 1: pH beurteilen
Der pH-Wert zeigt, ob eine Azidose (<7,35) oder Alkalose (>7,45) vorliegt.
Schritt 2: Ursache zuordnen
Respiratorisch: pH niedrig und PaCO₂ hoch → respiratorische Azidose.
Metabolisch: pH niedrig und HCO₃⁻ niedrig → metabolische Azidose.
Respiratorisch: pH hoch und PaCO₂ niedrig → respiratorische Alkalose.
Metabolisch: pH hoch und HCO₃⁻ hoch → metabolische Alkalose.
Schritt 3: Kompensation prüfen
Der Körper kompensiert Störungen durch Atem- oder Stoffwechselanpassung. Abweichungen von den erwarteten Werten deuten auf Mischstörungen hin.
Schritt 4: Oxygenierung beurteilen
Der PaO₂ ist der Schlüsselwert für die Lungenfunktion. Werte unter 60 mmHg zeigen eine Hypoxämie, die sofortige therapeutische Maßnahmen erfordert (Hyun et al., 2024).
Respiratorische Azidose: Entsteht, wenn Kohlendioxid nicht ausreichend abgeatmet wird, etwa bei Exazerbation einer COPD, schwerem Asthma oder zentraler Atemdepression. Speziell für COPD finden Sie den Artikel Blutgasanalyse bei COPD. Therapie: Verbesserung der Atemmechanik (z. B. durch Lagerung oder Sekretmanagement), frühzeitiger Einsatz von nicht-invasiver Beatmung (NIV) und, falls keine Besserung eintritt, Intubation und invasive Beatmung. Auch die Kontrolle von sedierenden Medikamenten ist wichtig, da sie die Ventilation zusätzlich einschränken können.
Respiratorische Alkalose: Typisch bei Hyperventilation infolge Hypoxie, Sepsis, Schmerz oder Angst. Therapie: Behandlung der Grunderkrankung (z. B. Infektkontrolle, Optimierung der Oxygenierung), Gabe von Analgesie oder Sedativa zur Senkung der Hyperventilation sowie Anpassung der Beatmung bei intensivpflichtigen Patient:innen.
Metabolische Azidose: Entsteht bei diabetischer Ketoazidose, Laktatazidose, Nierenversagen oder Intoxikationen. Therapie: Konsequente Ursachenbehandlung, wie z.B. Insulingabe bei Ketoazidose, Kreislaufstabilisierung bei Sepsis oder Dialyse bei Urämie. Unterstützend Sauerstoffgabe und Optimierung der Gewebeperfusion. Eine Bicarbonatgabe ist Ausnahmefällen vorbehalten, z. B. bei pH < 7,0 oder therapierefraktären Verläufen (Yang et al., 2024).
Metabolische Alkalose: Entwickelt sich häufig durch massives Erbrechen, Diuretikatherapie oder Chloridverluste. Therapie: Substitution von Chlorid und Kalium, Infusion isotoner Kochsalzlösung und ggf. Anpassung der Diuretikatherapie.
Hypoxämie: Ein PaO₂ < 60 mmHg oder eine SaO₂ < 90 % gilt als akut lebensbedrohlich. Therapie: Sofortige Sauerstoffgabe mit engmaschigem Monitoring. Bei unzureichender Wirkung Eskalation zur NIV oder Intubation. Parallel muss die Ursache geklärt und behandelt werden, etwa Pneumonie, Lungenembolie oder ARDS. Alle Einzelaspekte im Überblick finden Sie in unserem Themenschwerpunkt BGA in der Medizin.
Die arterielle BGA bleibt Goldstandard für die Beurteilung von Ventilation, Oxygenierung und Säure-Basen-Haushalt. Sie liefert die Basis für viele diagnostische und therapeutische Entscheidungen, insbesondere in der Notfall- und Intensivmedizin. Wer die Normwerte kennt, die Präanalytik beachtet und die Ergebnisse systematisch interpretiert, erhöht die Sicherheit und Effizienz in der Patientenversorgung.
pH 7,35 bis 7,45, PaCO₂ 35 bis 45 mmHg, HCO₃⁻ 22 bis 26 mmol/L, BE -2 bis +2 mmol/L, PaO₂ 75 bis 100 mmHg, SaO₂ 95 bis 100 %.
Zuerst pH beurteilen, dann PaCO₂ und HCO₃⁻ analysieren, Kompensation prüfen und zuletzt die Oxygenierung über PaO₂/SaO₂ bewerten.
Bei SpO₂ < 92 %, bei akuter Atemnot, unter Beatmungstherapie oder bei Verdacht auf schwere respiratorische oder metabolische Entgleisung.
Entscheidungen über Beatmung, Sauerstoffgabe, Kreislaufstabilisierung oder Elektrolytsubstitution hängen direkt von den Werten ab.
Für die Beurteilung der Oxygenierung (PaO₂, SaO₂) ist immer eine arterielle BGA erforderlich; venöse Werte genügen nur für pH, PaCO₂-Trends und HCO₃⁻.
Die Inhalte richten sich an medizinisches Fachpersonal. Sie ersetzen keine Beratung, begründen kein Behandlungsverhältnis und erfolgen ohne Gewähr. Nutzung auf eigenes Risiko, Haftung ausgeschlossen.