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Venöse BGA-Normwerte sind ein wichtiges Instrument in Klinik und Praxis, um den Säure-Basen-Haushalt und die Ventilation einzuschätzen. Doch wie zuverlässig sind sie im Vergleich zu arteriellen oder kapillaren Blutgasanalysen? Dieser Artikel erklärt die Unterschiede zwischen den Methoden, stellt venöse Referenzwerte dar und zeigt, welche diagnostische Bedeutung und therapeutischen Konsequenzen sich daraus ergeben.
Einen umfassenden Überblick zur Methode, Durchführung und klinischen Anwendung finden Sie im Beitrag Blutgasanalyse: Grundlagen, Praxis und klinische Bedeutung.
Die venöse Blutgasanalyse basiert auf Blut aus einer Vene. Sie ist technisch einfach, schnell durchführbar und für Patient:innen weniger belastend als eine arterielle Punktion.
Zuverlässig bestimmen lassen sich der pH-Wert, der Kohlendioxid-Partialdruck (pCO₂), das Bikarbonat (HCO₃⁻) und die Basenabweichung (BE). Diese Werte ermöglichen eine gute Einschätzung des Säure-Basen-Haushalts und eignen sich besonders für Verlaufskontrollen.
Mehrere Studien zeigen, dass venöse Werte für pH und HCO₃⁻ sehr eng mit arteriellen korrelieren. Kelly et al. kommen in einem Review zu dem Schluss, dass venöse Messungen für metabolische Störungen in der Notaufnahme ausreichend zuverlässig sind (Kelly, 2010). Auch Thangaraj et al. (2021) fanden bei 113 Notfallpatient:innen eine enge Übereinstimmung von pH, Bikarbonat und BE zwischen arteriellen und venösen Proben.
Einschränkungen bestehen beim Sauerstoff-Partialdruck (pO₂). Da er im venösen Blut physiologisch niedriger und variabel ist, eignet er sich nicht zur Beurteilung der Oxygenierung. Lesen Sie mehr zur patientenschonenden Diagnostik: kapilläre Blutgasanalyse in der Praxis.
Die Aussagekraft einer venösen Blutgasanalyse hängt unmittelbar von der korrekten Präanalytik ab. Bereits kleine Fehler bei der Probenentnahme oder beim Umgang mit der Probe können die Werte so stark beeinflussen, dass sie nicht mehr zuverlässig interpretiert werden können. Entscheidend ist zunächst die Wahl des richtigen Materials: Blut wird in heparinisierten Spritzen entnommen, um eine Gerinnung zu verhindern und die Zusammensetzung stabil zu halten. Typische Referenzwerte finden Sie im Artikel BGA-Normwerte verstehen.
Während der Entnahme muss unbedingt darauf geachtet werden, dass keine Luftblasen in die Spritze gelangen. Schon geringste Luftmengen können den Sauerstoff- und Kohlendioxidgehalt verändern und führen zu einer Verfälschung der pO₂- und pCO₂-Werte. Ebenso kritisch ist der Zeitraum bis zur Analyse. Optimal ist eine sofortige Messung, doch spätestens nach zehn Minuten sollte die Probe untersucht sein. Falls es zu Verzögerungen kommt, ist eine Kühlung erforderlich, damit der Stoffwechsel der Blutzellen verlangsamt und die Gaswerte stabilisiert werden. Kurz vor der Messung wird die Probe durch vorsichtiges Mischen homogenisiert, um Sedimentation zu verhindern.
Neben der sauberen Präanalytik spielt die Qualitätssicherung eine zentrale Rolle. In Deutschland schreibt die Richtlinie der Bundesärztekammer (RiliBÄK) vor, dass jedes Labor und jede Einrichtung mit Blutgasanalysatoren sowohl an externen Ringversuchen teilnehmen als auch regelmäßige interne Kontrollen durchführen muss. Nur so können systematische Fehler erkannt, Geräte korrekt kalibriert und zuverlässige Ergebnisse gewährleistet werden. Einen Überblick zu Gerätetypen, IT-Anbindung und Kosten bietet unser Beitrag Blutgasanalysator: Technik verstehen & besser entscheiden.
Parameter | Venöser Referenzbereich | Kommentar |
---|---|---|
pH | 7,31–7,41 | Etwas niedriger als arteriell |
pCO2 (mmHg) | 40–60 | Venös höher, Trends gut beurteilbar |
HCO3− (mmol/L) | 22–27 | Spiegelt metabolischen Status |
BE (mmol/L) | −2 bis +2 | Ergänzt die Beurteilung |
pO2 (mmHg) | 30–55 | Keine Aussage zur Oxygenierung |
Schritt 1: pH beurteilen
Der pH gibt die Störungsrichtung vor. Werte unter 7,35 bedeuten eine Azidose, Werte über 7,45 eine Alkalose. An dieser Stelle wird nur die Richtung festgelegt, nicht die Ursache.
Schritt 2: Ursache zuordnen
Anschließend werden pCO₂ und HCO₃⁻ betrachtet. pCO₂ wirkt entgegengesetzt zum pH, HCO₃⁻ in die gleiche Richtung.
pH niedrig und pCO₂ hoch → respiratorische Azidose
pH hoch und pCO₂ niedrig → respiratorische Alkalose
pH niedrig und HCO₃⁻ niedrig → metabolische Azidose
pH hoch und HCO₃⁻ hoch → metabolische Alkalose
Schritt 3: Kompensation prüfen
Nun wird beurteilt, ob eine physiologische Anpassung vorliegt. Dafür gibt es einfache Näherungsregeln:
Metabolische Azidose: Erwarteter pCO₂ ≈ 1,5 × HCO₃⁻ + 8 (±2). Abweichungen deuten auf eine zusätzliche respiratorische Störung.
Metabolische Alkalose: pCO₂ steigt um ca. 0,6 bis 0,7 mmHg pro mmol/L HCO₃⁻ über 24.
Respiratorische Azidose: HCO₃⁻ steigt bei akuter Form um ca. 1 mmol/L pro 10 mmHg pCO₂, bei chronischer um 3,5 bis 4 mmol/L.
Respiratorische Alkalose: HCO₃⁻ sinkt bei akuter Form um ca. 2 mmol/L pro 10 mmHg pCO₂, bei chronischer um 4 bis 5 mmol/L.
Abweichungen der venösen Blutgasanalyse haben unmittelbare Folgen für die Behandlung. Eine respiratorische Azidose entsteht durch unzureichende Abatmung von Kohlendioxid, etwa bei Exazerbation einer COPD oder unter Sedierung. Hier steht die Verbesserung der Ventilation im Vordergrund, im Notfall auch mit nicht invasiver oder invasiver Beatmung. Speziell für COPD finden Sie hier eine Übersicht im Artikel Blutgasanalyse bei COPD: Schlüssel zur richtigen Therapie. Studien zeigen, dass venöse pH-, pCO₂- und HCO₃⁻-Werte eng mit arteriellen korrelieren und damit eine zuverlässige Einschätzung des Säure-Basen-Haushalts ermöglichen (Körver et al., 2025).
Die metabolische Azidose beruht auf einem Abfall des Bikarbonats. Sie tritt zum Beispiel bei diabetischer Ketoazidose, Laktatazidose oder Niereninsuffizienz auf. Die Therapie zielt konsequent auf die Ursache: Insulin bei Ketoazidose, Optimierung der Oxygenierung bei Laktatazidose oder Dialyse bei urämischer Azidose. Eine direkte Bicarbonatgabe bleibt Ausnahmefällen mit lebensbedrohlicher Azidose vorbehalten.
Die metabolische Alkalose entwickelt sich meist durch Erbrechen oder eine Diuretikatherapie. Hier helfen die Korrektur von Kalium- und Chloridverlusten sowie eine Anpassung der Medikation.
Eine respiratorische Alkalose entsteht durch Hyperventilation, etwa infolge Hypoxie, Sepsis oder Angst. Die Behandlung richtet sich auf die Kontrolle des Auslösers, nicht auf die Werte selbst. Alle Einzelaspekte im Überblick finden Sie in unserem Themenschwerpunkt BGA in der Medizin.
Die venöse Blutgasanalyse bietet eine schnelle, patientenfreundliche Alternative zur arteriellen Messung. Besonders pH, pCO₂, HCO₃⁻ und BE liefern zuverlässige Ergebnisse und unterstützen die Verlaufskontrolle von metabolischen und respiratorischen Störungen. Einschränkungen bestehen beim pO₂, da dieser venös nicht zur Beurteilung der Oxygenierung geeignet ist. Entscheidend bleiben eine saubere Präanalytik und die Einhaltung der RiliBÄK-Vorgaben zur Qualitätssicherung. Wer die Normwerte systematisch interpretiert, kann therapeutische Entscheidungen präziser treffen und die Versorgung von Patient:innen verbessern.
Die venösen BGA-Normwerte liegen für den pH zwischen 7,31 bis 7,41, für pCO₂ bei 40 bis 60 mmHg, für HCO₃⁻ bei 22 bis 27 mmol/L und für den Base Excess zwischen −2 und +2 mmol/L. Der venöse pO₂ ist deutlich niedriger (30 bis 55 mmHg) und daher nicht zur Beurteilung der Oxygenierung geeignet.
Venöse BGA-Normwerte zeigen einen leicht niedrigeren pH und ein höheres pCO₂ im Vergleich zu arteriellen Werten. Für pH, HCO₃⁻ und BE besteht eine enge Korrelation, sodass sie klinisch gut nutzbar sind. Der venöse pO₂ hingegen kann nicht als Ersatz für die arterielle Oxygenierungsmessung herangezogen werden.
Venöse BGA-Normwerte sind zuverlässig für die Beurteilung des Säure-Basen-Haushalts sowie für Verlaufskontrollen, etwa bei metabolischen Störungen oder bei Patient:innen in der Notaufnahme. Bei Fragestellungen zur Oxygenierung muss jedoch eine arterielle Blutgasanalyse erfolgen.
Die Aussagekraft venöser BGA-Normwerte hängt stark von einer korrekten Präanalytik ab. Heparinisierte Spritzen, luftblasenfreie Proben, eine sofortige Analyse (spätestens nach zehn Minuten) und eine fachgerechte Lagerung sind entscheidend, um valide Werte zu erhalten.
Abweichungen von venösen BGA-Normwerten weisen auf respiratorische oder metabolische Störungen hin. Beispiele sind eine respiratorische Azidose bei COPD-Exazerbation, eine metabolische Azidose bei diabetischer Ketoazidose oder eine metabolische Alkalose nach Erbrechen. Die Interpretation erfolgt systematisch über pH, pCO₂, HCO₃⁻ und BE.
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