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Der pH-Wert im Urin gehört zu den am häufigsten bestimmten Parametern in der medizinischen Routine. Er liefert nicht nur einen Überblick über das Säure-Basen-Gleichgewicht des Körpers, sondern kann auch auf relevante Erkrankungen und therapeutische Prozesse hinweisen. Für Ärztinnen und Ärzte, sowie medizinisches Fachpersonal ist es daher wichtig zu verstehen, welche Aussagekraft der Urin-pH hat, wie er gemessen wird und welche diagnostischen und therapeutischen Konsequenzen sich aus abweichenden Werten ergeben können.
Einen umfassenden Überblick über die medizinische Relevanz der Urinanalyse bietet der Artikel „Urin: Bedeutung, Diagnostik und Konsequenzen in der Medizin“.
Der pH-Wert ist eine Maßzahl, die das Verhältnis von Säuren und Basen in einer Flüssigkeit beschreibt. Ein Wert von 7 gilt als neutral, Werte unter 7 sind sauer und Werte über 7 basisch. Der pH-Wert im Urin spiegelt das Gleichgewicht wider, das durch Ernährung, Stoffwechsel und Nierenfunktion bestimmt wird. Da die Niere das wichtigste Organ für die Regulation der Säure-Basen-Balance ist, lässt sich durch die Analyse des Urin-pH-Werts ein direkter Blick auf diesen Regelkreis werfen. In einer aktuellen Untersuchung konnte gezeigt werden, dass der Urin-pH stark mit Ernährungsgewohnheiten schwankt und typischerweise im Bereich von 4,6 bis 8,0 liegt (Chavez et al., 2024).
Im gesunden Zustand bewegt sich der Urin-pH-Wert in einem relativ breiten Spektrum. Typische Normalwerte liegen zwischen 4,5 und 8,0. Ein Wert unter 5,5 deutet auf eine saure Stoffwechsellage hin, die beispielsweise durch eine eiweißreiche Ernährung, eine metabolische Azidose oder eine diabetische Ketoazidose hervorgerufen werden kann. Werte zwischen 5,5 und 7,0 werden in der Regel als normal betrachtet und zeigen, dass der Körper ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Säuren und Basen aufrechterhält. Liegt der Wert jedoch über 7,0, spricht man von einem basischen Urin. Dies kann bei Harnwegsinfektionen, aber auch bei einer stark vegetarisch geprägten Ernährung auftreten.
Mehr zu den wichtigsten Parametern lesen Sie in den Artikeln zu Erythrozyten im Urin, Leukozyten im Urin, Protein im Urin, und Nitrit im Urin.
Die Regulation des Urin-pH-Werts ist ein komplexer Prozess, der verschiedene Organe und Stoffwechselwege einbezieht. Zunächst spielt die Niere eine entscheidende Rolle, indem sie überschüssige Wasserstoffionen ausscheidet und gleichzeitig Bicarbonat zurück in den Blutkreislauf resorbiert. Auf diese Weise hält sie den Blut-pH-Wert stabil und sorgt dafür, dass überschüssige Säuren oder Basen über den Urin abgegeben werden.
Auch die Atmung trägt zu diesem Gleichgewicht bei: Kohlendioxid, das im Körper durch Stoffwechselprozesse entsteht, wirkt sauer. Wird es über die Lunge abgeatmet, steigt der pH-Wert im Blut und kann dadurch auch indirekt den Urin-pH beeinflussen. Bei schneller, tiefer Atmung (Hyperventilation) wird viel Kohlendioxid abgegeben, wodurch der pH-Wert steigt. Bei verminderter Atmung (Hypoventilation) sammelt sich Kohlendioxid an und der pH-Wert sinkt.
Hormone wie Aldosteron wirken zusätzlich regulierend. Aldosteron, das in der Nebenniere gebildet wird, erhöht die Ausscheidung von Protonen im distalen Tubulus der Niere und steigert so die Urinsäureretention (Nagami et al., 2024). Neben der physiologischen Regulation spielt auch die Ernährung eine große Rolle: Eiweißreiche Kost führt zu einer höheren Säurelast, da beim Abbau von Proteinen Säuren entstehen, wohingegen Gemüse und Obst basenbildend wirken und den Urin-pH nach oben verschieben können.
Die Bestimmung des Urin-pH-Werts ist eine Standarduntersuchung und wird häufig mit Urinteststreifen oder modernen Point-of-Care-Geräten durchgeführt. Dabei gilt: Ein einzelner Messwert liefert zwar einen Hinweis, er muss jedoch immer im Zusammenhang mit der klinischen Gesamtsituation beurteilt werden. Mehrere Studien haben die diagnostische Rolle solcher Schnelltests belegt: So zeigten Arora et al. (2011), dass das Point-of-Care-Testverfahren für Ketonkörper im Urin mit hoher Sensitivität zur Detektion der diabetischen Ketoazidose eingesetzt werden kann (Arora et al., 2011).
Ein saurer Urin mit einem Wert unter 5,5 kann Ausdruck einer metabolischen Azidose sein. Besonders bei Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus ist dies bedeutsam, da eine diabetische Ketoazidose ebenfalls mit einer deutlichen Absenkung des Urin-pH-Werts einhergeht. Auch eine Niereninsuffizienz kann ursächlich sein, wenn die Niere nicht mehr in der Lage ist, Protonen ausreichend auszuscheiden.
Ein basischer Urin mit einem pH-Wert über 7 ist häufig ein Hinweis auf eine bakterielle Infektion. Bestimmte Bakterien, wie Proteus mirabilis, spalten Harnstoff und setzen Ammoniak frei, was den Urin alkalisch macht. Auch Diäten, die reich an Gemüse sind, können den Wert nach oben verschieben.
In der klinischen Praxis spielt der pH-Wert im Urin bei verschiedenen Krankheitsbildern eine wichtige Rolle. Bei Harnwegsinfektionen lässt sich im Labor häufig ein basischer Urin feststellen. Dies ist nicht nur diagnostisch relevant, sondern beeinflusst auch die Therapie, da bestimmte Antibiotika in Abhängigkeit vom pH-Wert besser oder schlechter wirken (Yang et al., 2014).
Auch in der Urologie ist der pH-Wert bedeutsam, insbesondere bei der Steinbildung. Harnsäuresteine entstehen vor allem in einem sauren Milieu. Deshalb gehört die pH-Kontrolle hier zur Basisdiagnostik und zur Prävention. Struvitsteine dagegen bilden sich bevorzugt bei basischem Urin und sind häufig mit chronischen Infekten assoziiert.
Darüber hinaus liefert der Urin-pH Hinweise auf metabolische Störungen. Bei Patientinnen und Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen kann eine respiratorische Alkalose oder Azidose über den pH-Wert im Urin nachvollzogen werden. Ebenso weist ein dauerhaft zu saurer Urin bei Diabetikerinnen und Diabetikern auf eine drohende Ketoazidose hin.
Die Messung des Urin-pH-Werts ist nicht nur für die Diagnostik von Bedeutung, sondern spielt auch eine wichtige Rolle in der Therapie. Bei Steinleiden gehört die Kontrolle des pH-Werts zum Standard. Ziel ist es, durch diätetische Maßnahmen oder durch Medikamente den pH-Wert so zu verändern, dass die Bildung neuer Steine verhindert wird. Harnsäuresteine lassen sich durch eine gezielte Alkalisierung auflösen oder zumindest in ihrem Wachstum aufhalten, wie in einer systematischen Übersichtsarbeit zu oraler Auflösungstherapie deutlich gemacht wurde (Mousavi et al., 2024).
Auch bei Infektionen kann der pH-Wert therapeutische Konsequenzen haben. Ein alkalischer Urin weist auf bestimmte Bakterien hin und hilft bei der Auswahl der passenden Antibiotikatherapie. Gleichzeitig kann er als Verlaufsparameter genutzt werden, um den Behandlungserfolg zu überprüfen.
Schließlich spielen Ernährungsumstellungen eine Rolle. Eine Reduktion tierischer Proteine senkt die Säurelast und kann bei Patientinnen und Patienten mit wiederholten Harnsäuresteinen hilfreich sein. Eine basenreiche Ernährung mit Obst und Gemüse dagegen kann einen dauerhaft zu sauren Urin ausgleichen.
Der pH-Wert im Urin ist ein einfacher, aber vielseitiger Parameter, der wichtige diagnostische und therapeutische Informationen liefert. Er erlaubt Rückschlüsse auf Infektionen, Steinleiden und metabolische Störungen und kann als Verlaufsmarker den Therapieerfolg sichtbar machen. Entscheidend ist dabei, dass er stets im Zusammenhang mit weiteren klinischen Befunden und Laborparametern interpretiert wird. Moderne Point-of-Care-Systeme erleichtern die Bestimmung im Alltag und ermöglichen eine schnelle Einbindung der Ergebnisse in die Behandlung. Damit bleibt die pH-Messung im Urin ein fester Bestandteil der klinischen Basisdiagnostik und zugleich ein wertvolles Werkzeug zur Prävention und Nachsorge.
Der Wert liegt üblicherweise zwischen 4,5 und 8,0 und spiegelt die Balance zwischen Säuren und Basen im Körper wider.
Ein stark saurer Urin kann durch eine eiweißreiche Ernährung, eine metabolische Azidose oder eine diabetische Ketoazidose verursacht sein.
Werte über 7 deuten auf eine basische Stoffwechsellage hin, wie sie bei Harnwegsinfektionen oder einer sehr basenreichen Ernährung auftreten kann.
Bestimmte Steine bilden sich abhängig vom Milieu: Harnsäuresteine entstehen in saurem Urin, Struvitsteine dagegen bei basischem Urin.
Teststreifen eignen sich gut für Screening und Verlaufskontrolle, für exakte Diagnostik bleibt die Laboranalyse jedoch oft überlegen.
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