Point-of-Care-Glucose: Geräte, Genauigkeit & klinische Relevanz

Hinweis: Dieser Artikel richtet sich ausschließlich an medizinische Fachkreise.

Einleitung

Die Point-of-Care-Glucose ist ein unverzichtbarer Bestandteil der modernen Patientenversorgung. Sie liefert Ergebnisse direkt am Ort der Behandlung und beschleunigt die klinische Entscheidungsfindung. Die übergeordnete Einordnung liefert der Beitrag zur Bedeutung von Point of Care.

Während klassische Blutzuckermessgeräte für den Heimgebrauch entwickelt wurden, handelt es sich bei professionellen Systemen für Klinik und Rettungsdienst um hochspezialisierte In-vitro-Diagnostikgeräte.

Dabei gibt es zwei Gerätetypen:

  • Spezialisierte Systeme, die ausschließlich die Glucose-Messung durchführen.

  • Multiparameter-Geräte, die neben Glucose weitere Parameter wie Laktat, Ketone oder Elektrolyte bestimmen.

Die Wahl hängt von Einsatzort, Patientenkollektiv und IT-Infrastruktur ab. In diesem Artikel erfahren Sie, wann die Glucose am Point of Care unverzichtbar ist, welche Messverfahren existieren, welche Standards einzuhalten sind und welche Kriterien die Geräteauswahl bestimmen. Einen kompakten Überblick zu professionellen Schnelltests bietet dieser Beitrag.

Klinische Relevanz der Point-of-Care-Glucose

Die Messung von Glucose am Point of Care kann die Zeit bis zur Therapieeinleitung erheblich verkürzen, da Transport und Zentrallabor wegfallen. So beschreibt Chaisirin et al. (2020) in einer Übersichtsarbeit, dass POCT die Turnaround-Zeit reduzieren und damit die Entscheidungsfindung in der Akutversorgung beschleunigen kann

Besonders kritisch sind Hypoglykämien und Hyperglykämien:

  • Bei Werten unter 70 mg/dL ist eine sofortige Glucosegabe notwendig.

  • Bei Werten über 250 mg/dL muss eine diabetische Ketoazidose ausgeschlossen werden.

Die Glucose-Messung ist somit keine Ergänzung, sondern in vielen Situationen ein elementarer Bestandteil klinischer Entscheidungsprozesse. Wie Point of Care Entscheidungen generell beschleunigt, zeigt der Überblick zur Diagnostik.

Messverfahren und Störfaktoren

Die Wahl des Probenmaterials beeinflusst die Qualität der Blutzuckermessung erheblich.
Kapilläres Blut ist praktisch und schnell verfügbar, allerdings können die Werte in Schocksituationen unzuverlässig sein. Venöses oder arterielles Blut gilt deshalb als Klinikstandard bei kritisch kranken Patientinnen und Patienten.

Auch der Hämatokrit spielt eine Rolle: Abweichungen vom Normalbereich können zu erheblichen Messfehlern führen. Zusätzlich sind Interferenzen zu beachten: Substanzen wie Maltose, Icodextrin, Vitamin C oder bestimmte Medikamente können die Messergebnisse verfälschen.

Nicht zuletzt beeinflussen Umgebungsbedingungen die Testqualität. Teststreifen müssen exakt nach Herstellerangaben gelagert werden, da Feuchtigkeit oder Temperaturabweichungen die Funktion beeinträchtigen können.

Interferenzen und der individuelle Patientenzustand sind wesentliche Risikofaktoren (Alshaer et al., 2022). Deshalb ist die Auswahl validierter Geräte entscheidend, um verlässliche Ergebnisse am Point of Care sicherzustellen. Welche Testarten in welchen Settings sinnvoll sind, erläutert der Beitrag Point of Care Test.

Standards und Genauigkeit

Die profesionelle Messung von Glucose am Point of Care unterliegt internationalen und nationalen Normen. Die ISO 15197:2013 schreibt vor, dass 95 % aller Messwerte innerhalb definierter Toleranzen liegen müssen.

Für den Intensivbereich gelten noch strengere Vorgaben, da Schockzustände, Hypoxien oder pH-Verschiebungen Ergebnisse stark beeinflussen können. Kanji et al. (2005) untersuchten in einer intensivmedizinischen Kohorte die Zuverlässigkeit verschiedener POCT-Verfahren. Dabei war die klinische Übereinstimmung mit dem Labor bei arteriellen Proben und Blut-Gas/Chemie-Analysen besser als bei kapillären Messungen. In Deutschland greift zusätzlich die Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchung, die interne und externe Qualitätskontrollen verbindlich macht.

Leitlinien empfehlen, auffällige Werte im Labor zu bestätigen und bei Extremwerten strukturierte Behandlungsprotokolle zu verwenden.

Für die Praxis bedeutet das: Die Messung ist nur dann klinisch wertvoll, wenn sie mit klaren Standards abgesichert wird. Ärzt:innen und Pflegekräfte müssen die Limitationen kennen und Ergebnisse kritisch prüfen. Hinweise zur Geräteauswahl sowie IT-Anbindung finden Sie im Geräte-Leitfaden.

Point of Care Glucose

Qualitätssicherung und IT-Anbindung

Die Qualität der Blutzuckermessung am Point of Care hängt nicht nur von der technischen Leistungsfähigkeit der Geräte ab, sondern auch von ihrer Einbettung in den klinischen Workflow. Für Infekttriage und Antibiotic Stewardship lesen Sie ergänzend den CRP-Artikel.

Besonders wichtig ist die IT-Integration: Systeme sollten über Schnittstellen wie HL7, POCT1-A oder FHIR verfügen, damit Messergebnisse sicher und nahtlos in Krankenhausinformationssysteme (KIS) oder Laborinformationssysteme (LIS) übertragen werden können. Middleware-Lösungen bieten darüber hinaus zusätzliche Funktionen wie QC-Sperrlogik, zentrale Benutzerverwaltung, automatische Dokumentation und Alarme bei kritischen Werten (Erasmus et al., 2021).

So wird die Messung nicht nur technisch präzise, sondern auch organisatorisch zuverlässig. Für Beschaffungsverantwortliche gilt daher: Geräte ohne robuste IT-Anbindung sind langfristig kaum tragfähig (Woźniak-Kosek  & Drążek, 2025).

Diagnostische Bedeutung und Algorithmen

Bei Hypoglykämien unter 54 mg/dL gilt die 15:15-Regel: 15 g Glucose, Kontrolle nach 15 Minuten, Wiederholung bei Bedarf (Patel et al., 2025). Hyperglykämien mit Ketonen erfordern ein strukturiertes Vorgehen aus Flüssigkeitsgabe, Insulin und Elektrolytkorrektur. Das Management von Hypo- und Hyperglykämien richtet sich nach klinischen Zielwerten, die in der Regel zwischen 140 und 180 mg/dL liegen und vom Patientenzustand abhängen.

Continuous Glucose Monitoring (CGM) liefert wertvolle Trendinformationen, eignet sich aber in der Akutversorgung nur eingeschränkt. Sensorverzögerungen und Kalibrierungsprobleme können kritische Entscheidungen verzögern. Point-of-Care-Glucose hingegen bietet sofort verfügbare Einzelwerte, die für die Diagnostik und das unmittelbare Handeln in Notfällen unverzichtbar sind. Zur kardiologischen Akutdiagnostik empfehlen wir den Fachbeitrag zu Troponin am Point of Care.

Aktuelle Daten zeigen, dass eine Kombination beider Verfahren sinnvoll sein kann: Baker et al. (2024) berichten, dass durch die Ergänzung von CGM mit profesionellen Blutzuckermessungen rund 60 % der Einzelmessungen eingespart wurden, ohne klinisch relevante Abweichungen festzustellen.

Point-of-Care-Glucose: Fazit

Die Messung von Glucose ist heute Standard in Klinik und Praxis. Sie beschleunigt Diagnosen, verbessert die Patientensicherheit und unterstützt effiziente Workflows. Für die Geräteauswahl gilt: Präzision, Interferenzfreiheit, Qualitätskontrollen und IT-Anbindung sind Pflicht. Wer darüber hinaus weitere Parameter benötigt, kann Multiparameter-Systeme erwägen, die Glucose, Laktat oder Elektrolyte kombinieren. Ökonomisch betrachtet lohnt sich eine Investition, wenn die Prozessgewinne (z. B. kürzere Liegezeiten, schnellere Therapieeinleitungen) die Anschaffungskosten übersteigen.

Frequently Asked Questions (FAQs)

Was ist der Unterschied zwischen einer Blutzuckermessung am Point of Care und im Labor?

Glucose am Point of Care liefert Messergebnisse direkt am Behandlungsort, meist innerhalb weniger Minuten. Laborbestimmungen sind exakter, dauern aber länger, da Transport und zentrale Analyse nötig sind. In kritischen Situationen wird die Point-of-Care-Messung der Glucose bevorzugt, für Diagnosesicherung bleibt die Labor-Glucose Referenz.

Glucose kann durch Faktoren wie Hämatokrit, Schockzustand oder Medikamente beeinflusst werden. Studien zeigen, dass Abweichungen im Intensivbereich möglich sind. Deshalb wird empfohlen, auffällige Werte durch Labor-Glucose zu bestätigen und Geräte mit validierten Interferenzprofilen einzusetzen.

Für die Blutzuckermessung gelten die Vorgaben der RiliBÄK: regelmäßige interne Kontrollen und externe Qualitätssicherung. Zudem müssen Geräte für den klinischen Einsatz zertifiziert sein und Plausibilitätsprüfungen ermöglichen.

Kliniken benötigen Systeme, die präzise messen, Störfaktoren minimieren und IT-Schnittstellen (HL7, POCT1-A, FHIR) unterstützen. Bei der Auswahl spielen Total Cost of Ownership, Middleware-Anbindung und QC-Sperrlogik eine wichtige Rolle. Auf Plattformen wie Diagnoodle lassen sich Glucose-Point-of-Care-Messungen gezielt vergleichen.

 CGM-Systeme überwachen den Verlauf kontinuierlich, sind aber nicht für akute Diagnosen zugelassen. Bei Hypoglykämie, Hyperglykämie oder perioperativen Situationen ist die Point-of-Care-Messung der Glucose schneller und verlässlicher für unmittelbare Therapieentscheidungen.

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